Dr. Johannes Homa/CEO Lithoz GmbH

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Durch das Einsetzen der 3D –Printing Technologie ist es plötzlich möglich einfach und schnell verschiedene Designs zu testen, bevor die Serienproduktion startet. Das bietet vor allem in der Industrie neue Möglichkeiten und ein Umdenken in der Verwendung der Materialien. Vor allem Keramik kann vermehrt eingesetzt werden und so in der Leichtbauweise, wie beispielsweise in der Luftfahrt, erhebliche Einsparungen bringen. Auch in der Medizin bietet der Einsatz von Keramik eine Verbesserung, da keramische Implantate besser verträglich sind als Implantate aus Metall.

Die Lithoz GmbH ist weltweit das erste und bisher einzige Unternehmen, das Hochleistungskeramik für 3D-Drucktechnologie anbietet – wie ist es dazu gekommen?

Dr. Johannes Homa: Die Lithoz Gmbh hat sich als Spin-Off der Technischen Universität Wien (TU) entwickelt. Basierend auf den Forschungsaktivitäten haben wir 2011 mit 2 Mitarbeitern das Unternehmen gegründet. Heute sind wir mit über 70 Personen und einen weiteren Standort in den USA ganz klar Weltmarktführer in diesem Bereich. Wir entwickeln und verkaufen nicht nur die Maschinen und die dazugehörigen Materialien, sondern unterstützen unsere Kunden auch in der Entwicklung ihrer Applikationen entlang der gesamten Prozesskette. Durch unseren Fokus auf Qualität und Reproduzierbarkeit haben uns unsere Kunden dorthin gebracht.

Was sind in den nächsten 10 Jahren die größten Veränderungen, die 3D-Printing mit sich bringen wird?

Dr. Johannes Homa: Durch das Einsetzen der 3D –Printing Technologie ist es plötzlich möglich einfach und schnell verschiedene Designs zu testen. Gerade in unserem Bereich, der Hochleistungskeramik, war das aufgrund der hohen Werkstoffanforderungen bisher nicht möglich. Aus technologischen Gründen musste man sofort in Serie gehen und hatte nicht die Möglichkeit am Design zu feilen und so die optimale Funktionalität zu erreichen. Durch die werkzeuglose Parallelfertigung, die durch den 3D-Druck möglich ist, konnte einer unserer Kunden zum Beispiel 10 verschiedene Designs testen, bevor er mit der Serienproduktion startete. Das war vorher einfach nicht möglich.
 Wir sehen bereits eine Haltungsänderung bei Kunden, die im größten Stil produzieren. Die Produkte werden angepasst an den Lebenszyklus produziert und neue Designs entwickeln sich sehr schnell.

Könntest Du dazu ein Beispiel nennen?

Dr. Johannes Homa: In der Luftfahrt ist es nun zum Beispiel möglich Leichtbauweisen einzuführen, die bis dato nicht vorstellbar waren. Durch die Möglichkeit Bauteile mit beliebiger Komplexität aus einem Stück herzustellen, können wir das Design der Funktion anpassen und neue Materialen verwenden, die vorher noch nicht zur Anwendung kommen konnten. Keramik wird häufig nicht zusammengeschraubt, aber jetzt kann das Bauteil mittels 3D-Druck in einem Stück gefertigt werden. Durch bioinspirierte Strukturen kann das Gewicht im Flugzeug reduziert werden. Die Gewichtsreduktion bringt eine Kosternersparnis von 80.000$ pro Kilo und zusätzlich eine niedrigere Umweltbelastung durch den geringeren Kerosinverbrauch.
Auch in anderen Bereichen, die hochkomplex sind und in denen nur eine geringe Stückzahl benötigt wird, wird es zu einem Innovationssprung kommen, da man hier durch die 3D-Drucktechnologie relativ günstig und schnell optimale Teile herstellen kann.

Was ist der Vorteil bei der Verwendung von Keramik als Druckmaterial?

Dr. Johannes Homa: Keramik wird dort eingesetzt wird, wo andere Werkstoffe versagen. Das heißt, unter extremen Bedingungen, wie extreme Temperaturen, extreme korrosive Bedingungen, sehr starke Beanspruchung durch die Aggressivität diverser Säuren und Basen oder wo Abriebe ein Thema sind.
 Mit diesen Themen beschäftigen wir uns im Alltag normalerweise nicht, daher sind Anwendungen in der Biomedizin geläufiger. Der Knochen zum Beispiel, besteht eigentlich aus anorganischem Stoff, also aus Keramik. Daher sind keramische Implantate besser verträglich als metallische Implantate, denn Metall ist für den Körper ein unnatürlicher Stoff. Nachdem sich im Knochen selbst aber auch Keramik befindet, haben wir beispielsweise Knochenersatzmaterial entwickelt. Das wird bei größeren Defekten in den Knochen eingefügt. Durch die Verträglichkeit des Materials wächst der Knochen in dieses Implantat hinein und frisst es regelrecht auf. Das heißt er verarbeitet das Material (Calciumphosphat, ein Baustein des Knochens), das man ihm zur Verfügung stellt und integriert es in den Körper. Mit dieser Anwendung ist unser erster Kunde bereits seid 2017 im Humaneinsatz.

Keramik, wie sie im Alltag bekannt ist, hat allerdings die Eigenschaft relativ leicht zu zerbrechen.

Dr. Johannes Homa: Ein Nachteil der Keramik ist, dass sie sehr spröde ist. Das Häferl, das herunterfällt, ist natürlich kaputt. In der Hochleistungskeramik sind es aber ganz andere Materialien, die deutlich höhere Festigkeiten aufweisen. Da gibt es Materialien, die fester und härter als Stahl sind. 

Die Keramik selbst bekommt durch 3-D Druck einen größeren Stellenwert und es eröffnen sich ständig weitere Anwendungsbereiche. In der Automobilindustrie wird sehr oft Keramik verwendet, wie z.B. im Dieselpartikelfilter. Weitere Anwendungsgebiete sind Ofenauskleidungen oder Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt, z.B. bei Hitzeschilden für den Wiedereintritt in die Atmosphäre.

Welche Jobs wird es in Zukunft geben, die heute noch keinen Namen haben?

Dr. Johannes Homa: Ich glaube nicht, dass in unserer Branche komplett neue Berufsbilder entstehen. Die bestehenden Berufsbilder, wie Konstrukteur und Techniker, werden sich verändern. Es gibt eine Verschiebung vom Handwerk ins Digitale. Zum Beispiel werden Hörgeräte mittlerweile zu 99% gedruckt. Die Herstellung von Hörgeräten war früher Modellierungsarbeit und ist jetzt eine CAD Arbeit. D.h. sie werden nicht vom Handwerker, sondern von einem technisch geschulten Designer mittels eigener Software produziert. Software ist auch gerade im Designbereich, zum Beispiel bei bioinspirierten Strukturen, die auf zellularen Strukturen und Schaumstrukturen aufbauen, im Vormarsch. Auch im Knochen sind Hohlräume, um ein gutes Verhältnis von Steifigkeit und geringem Gewicht zu erreichen. Daher gibt es eigene Software für 3D Technologien.

www.lithoz.com

About:
Dr. Johannes Homa ist Mitgründer und Geschäftsführer der Lithoz GmbH, dem Weltmarktführer im Bereich der Generativen Fertigung von Hochleistungskeramik. Dr. Homa hat an der Technischen Universität Wien promoviert und unterreichtet seit 2009 an verschiedenen Universitäten. Er ist Miterfinder von 3 Patenten und Autor von zahlreichen Publikationen im Bereich der Generativen Fertigung.