Mag. Klaus Mühlbauer
Geschäftsführer Mühlbauer Hut und Mode GmbH & CO KG

TF: Du hast ein Familienunternehmen, das Anfang des letzten Jahrhunderts gegründet wurde, in der vierten Generation übernommen und auch einiges verändert. Wie hast Du ein Produktionsunternehmen in die veränderte Arbeitswelt eingegliedert?

Ich habe nach meinem Eintritt 2001 bis heute eine Umkehr dessen, wie es meine Eltern gemacht haben, vorgenommen. Wir hatten damals 80% Bekleidung in 6 Shops und nur 20% Kopfbedeckungen. Ich habe mich auf das Ur- und Kernprodukt des Unternehmens, nämlich die handgefertigte Kopfbedeckung, konzentriert, weil ich bei diesem Produkt die Einzigartigkeit gesehen habe. Der Wettbewerb im Bereich Bekleidung ist und war enorm. Aber eine gut gemachte Kopfbedeckung hat es am Markt nicht gegeben und da habe ich unsere Chance gesehen. Heute haben wir 80% Kopfbedeckungen und 20% Bekleidung, letzere in einem Modelladen.

Für unser Nischenprodukt mussten wir allerdings den weltweiten Markt anstreben, da ein handgefertigtes, hochqualitatives Produkt wie unsere Kopfbedeckungen auf dem österreichischen Markt allein nicht überleben kann. D.h. ich musste komplett neue Märkte finden.

Ich habe bewusst auf dieses langsame, in Vergessenheit geratene Produkt Kopfbedeckung gesetzt. Weltweit gibt es vielleicht 20 bis 30 Unternehmen, die wir als Konkurrenz betrachten. Daher weiß ich auch schnell über das Angebot bescheid und habe die Möglichkeit mich hier zu positionieren, auch als Wiener Kleinstunternehmen.

TF: Gibt es eine Verbindung des Handwerks mit der digitalen Welt?

Es gibt im Modebereich den Unterschied zwischen „Fast-Fashion“ und „Slow-Fashion“. Unter dem Begriff „Fast-Fashion“ ist auch die digitalisierte Welt enthalten. H&M ist zum Beispiel einer der größten Modeeinzelhändler im Internet. „Slow-Fashion“ ist wofür Mühlbauer steht: Handwerk, Qualität der Verarbeitung und beste Materialien. All das ist immer noch analog und ich glaube, dass diese Art von Welt analog bleiben wird, einfach weil die Sehnsucht der Menschen auch analog ist.
Der Mensch ist analog und deswegen hat auch ein Produkt wie unseres eine Chance in der Zukunft. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass diese sogenannte analoge Welt, die „Slow-Welt“ von der Bedeutsamkeit auf den Märkten in Zukunft noch größer wird.
Wir betreiben seit 3 Jahren einen eigenen Onlineshop. Zusätzlich weden unsere Produkte auch über ein paar ausgewählte, vorhandene online Plattformen wie Zalando etc. verkauft, aber trotzdem ist der  online Vertrieb für unser Produkt nicht oder noch nicht die ideale Plattform.
Ich denke, auch das hat mit der Analogität des Produktes zu tun. Der Kunde, der Interesse an unseren Produkten hat, möchte es angreifen, probieren, sich damit in den Spiegel schauen. Daher hat der analoge Laden immer noch einen deutlichen Vorsprung. Die meisten unserer Onlinekunden, haben auch tatsächlich schon einmal in irgendeinem Laden irgendwo auf der Welt oder bei uns in Wien gekauft, kennen das Produkt und wissen daher wie es ausschaut, wie es ihnen passt, wie es sich anfühlt. Sie kaufen online, wenn sie nicht in der Nähe eines Ladens sind. Im Moment ist der Onlinevertrieb eher eine Serviceplattform für bestehende Kunden als ein Vertriebstool für neuere Kunden.

TF: Was sind Deiner Meinung nach die wichtigsten Veränderungen, die auf uns zukommen in der veränderten Arbeitswelt?

Ich glaube, es gibt eine intakte Chance in dem analogen Feld.
Die Dinge in unserer Welt verändern sich rasant, sich da zu orientieren ist extrem komplex. Deswegen glaube ich, dass Produkte, Dinge und Herangehensweisen, die man greifen kann, wie einen Hut, einen maßgefertigten Schuh oder ein schönes Möbelstück, Halt und Orientierung geben. Man weiß, wo es herkommt und wo es gemacht ist.

TF: Was sind die Herausforderungen in dieser sich verändernden Arbeitswelt?

Ich denke die Herausforderung, ein Unternehmen zu führen, ist bei meinem Großvater, bei meinen Eltern und bei mir die gleiche geblieben. Größer als früher ist, glaube ich,  die Unübersichtlichkeit, seinen Weg zu finden. Das erfordert eine gewisse Sensibilität und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Das große Thema ist nicht Erfolg und mehr Wachstum, sondern viel mehr die Frage: Was will ich eigentlich? Ich glaube, um mittel- und längerfristig für sich selbst einen Weg zu finden, ist es wahrscheinlich essenziell, in sich zu hören und schon als junger Mensch zu definieren: Was und wo schlägt mein Herz, wo empfinde ich Leidenschaft? Was ist mir ein Anliegen? Das kann ein Projekt sein oder die Zusammenarbeit mit Menschen oder singen oder eben Hüte machen. Das herauszufinden ist gar nicht so leicht.

Ich finde es gut, wenn sich junge Leute Zeit nehmen für diese Orientierung. Und die Allgemeinheit sollte ihnen dies auch ermöglichen z.B. durch länger ausgelegte Ausbildungssituationen, in denen man zwischendurch die Möglichkeit hat zu arbeiten, um dadurch besser herauszufinden, wo der eigene Weg hinführen soll.

TF: Was ist Deine Vision?

Ich habe grundsätzlich das Glück, dass ich meinen Weg gefunden habe und ich hoffe, dass ich diesen auch noch weitergehen kann. Ich habe für diesen Weg und für unser Unternehmen eine Fülle an Ideen, die ich gerne in den nächsten 20 bis 30 Jahren realisieren würde. Aber man muss sich auch dessen bewusst sein, dass es nicht selbstverständlich ist, dass das funktioniert. Die Wirtschaftslage und die Marktlagen sind sehr unterschiedlich und verändern sich. Bei seiner Leidenschaft bleiben zu können, ein tolles Team um sich zu haben und auch alle durchfüttern zu können, wie in den letzten 10 Jahren, und so weitermachen zu können, weil es Spaß macht, all das ist ein erstrebenswertes Ziel.

www.muehlbauer.at