Christine Blum-Heuser, Senior Manager Brand Communication, Merck

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…‘Curiosity killed the Cat’ – sagt heute im Geschäftsleben niemand mehr. Neugierige Mitarbeiter sind etwas, das jedes innovative Unternehmen haben möchte, denn ‘es gibt eine direkte Verbindung von Neugier zu Innovation`, so Christine Blum-Heuser, Senior Manager Brand Communication, Merck. Daher ging man dem Thema Neugier mittels einem Curiosity Council und Neugierreports auf den Grund und erarbeitete einen Score um Deutschlands Neugier gegen das internationale Umfeld zu matchen. Aber nicht nur das, es werden auch Tools erforscht, die Teams helfen sollen, Neugier zu fördern und Neugierdefizite auszugleichen.

Im Sinne des Taskfarm Konzepts wurde Christine Blum-Heuser am CRM Forum, München von Helmut Blocher, Geschäftsführer Succus Gmbh, auf das Interview eingeladen.

 

Warum beschäftigt sich Merck so intensiv mit der Neugier?

Christine Blum-Heuser: Wissenschaftlicher Fortschritt wird durch Neugier getrieben, als Wissenschafts- und Technologieunternehmen wollten wir auf wissenschaftlicher Ebene mehr darüber erfahren und haben uns im Rahmen unseres Rebrandings auf unseren Ursprung besonnen. Wir feierten 2018 unser 350 Firmenjubiläum, durch diese lange Zeit war Neugier der wichtigste Treiber unseres Erfolgs. Wir riefen daher ein Curiosity Council ins Leben – Experten, Psychologen und Wissenschaftler aus der Neugierforschung. Mit ihnen entwickelten wir einen Neugiertest, unterteilten Neugier in vier Dimensionen und erarbeiteten einen Neugierscore. 2018 erstellten wir den zweiten Neugierreport, wir wollten besser verstehen, wie sich Neugier am Arbeitsplatz auswirkt.

Was sind die wichtigsten Learnings des Reports?

Christine Blum-Heuser: Wir befragten 3.000 Unternehmen aus USA, Deutschland und China.

Interessant ist, dass sich Deutschland bei Neugier leicht vorne im Score befindet. Wenn es aber um Fragen geht, wie das Verständnis für die Digitalisierung oder das Verständnis für die Rolle, die Mitarbeiter bei Innovationsprojekten im Unternehmen haben, oder wie Innovation und Digitalisierung wirklich im Unternehmen priorisiert werden, liegt Deutschland ganz hinten.

Selbst wenn Arbeitnehmer in Deutschland neugierig sind, heißt das nicht, dass wir in Zukunft kein Problem haben, wenn wir eben diese Themen, die Zukunft treiben, vernachlässigen und wenn da das Verständnis fehlt.

Am verblüffendsten fand ich, dass wir über alle drei Länder sehen konnten, dass die jüngste Generation, also Generation Z am wenigsten neugierig ist. Gerade im Bereich der ganz Jungen müssen wir überlegen, wie wir die Neugier fördern, da das Schulsystem scheinbar wenig dazu ermutigt. Vermutlich ist auch die Verfügbarkeit aller Informationen per Fingertip auf den Smartphones ein Faktor.

Diese Fragestellung kann man nur dann überlegen und lösen, wenn man sie vorher erhoben und untersucht hat. Deshalb ist es uns so wichtig das Thema Neugier auch intensiver zu verstehen.

Wie kann man Neugier unterstützen oder fördern?

Christine Blum-Heuser: Wir sind überzeugt davon, dass man Neugier trainieren kann. Dazu haben wir einen Neugier Test konzipiert. Das ist der gleiche Test, den wir bei unserer Forschung verwendet haben, allerdings ohne die Fragen, die sich in der Peripherie befinden, wie z.B. Fragen zu Digitalisierung oder Innovation. Der Test ermittelt die Art wie man neugierig ist. Es geht also nicht darum festzustellen, ob man überhaupt neugierig ist, sondern auf welche Art ist man neugierig. Von dem Test kommt man zu einem Bereich um die eigene Neugier in verschiedenen Bereichen zu trainieren – das sind kleine Anregungen und Übungen. 2017 veranstalteten wir dazu ein Pilotprojekt mit einem internen Team von Merck, einem Team vom Weizmann Institut in Israel und einem Team von Porsche Consulting. Für jede Dimension der Neugier, die besondere Unterstützung benötigte, wurden von unseren Experten gezielte Maßnahmen und Taktiken vorgeschlagen, die die Teams anwenden sollten. Die Veränderung wurde sechs Monate gemonitored. Am Ende gab es eine Statusermittlung der Neugier. Aufgrund der kleinen Größe des Piloten erhielten wir zwar nur qualitative Daten, wir konnten aber sehen, dass sich in den Teams etwas veränderte. Sie berichteten, wie viel offener sie mit Themen umgingen und dass sie sich von außen Anregungen und Feedback holten. Etwas, das sie vorher nicht taten. Aus diesen Erkenntnissen erstellten wir ein weiteres Pilotprojekt um zu sehen, ob sich der gewünschte Erfolg einstellt, nämlich dass die Teams ihre Innovations Challenges schneller, besser, mit mehr Enthusiasmus und Freude erreichen können. Das Programm startet im April 2019, wir erwarten Ergebnisse mit Jahresende.

Wie werden diese Erkenntnisse angewendet?

Christine Blum-Heuser: Alle Unternehmen, die im Innovationsbereich arbeiten, sind darauf angewiesen, dass sie innovative Mitarbeiter haben. Wir arbeiten daher eng mit HR zusammen um zu überlegen, wie wir diese Erkenntnisse intern als Support für unsere Teams verwenden können. Wir hoffen, dass wir dann Ergebnisse haben, die wir mit anderen Unternehmen teilen können, denn die Innovationskraft zu stärken, ist für viele Unternehmen ein Anliegen.

Welche Jobs wird man in Zukunft brauchen, die heute noch keinen Namen haben?

Christine Blum-Heuser: Es wird viel mehr Bereiche geben, die übergreifend sind, daher ist  der Blick über den Tellerrand gefragt. Ich glaube, dass ein Studium heute nur eine gewisse Grundlage gibt. Lebenslanges Lernen und die Flexibilität, sich auf neue Dinge einzustellen, ist immanent wichtig für alle zukünftigen Arbeitnehmer. Die Selbstbestimmtheit der Mitarbeiter sowie die freie Arbeitsplatzwahl und freie Zeiteinteilung geben den Mitarbeitern die Möglichkeit die Aufgabe zu der eigenen Aufgabe zu machen. Diese Entwicklung ist stark davon abhängig, welchen Sinn ich in meiner Arbeit sehe. Die Manager müssen daher zu Confidence Managern werden. Sie müssen ihre Mitarbeiter dazu ermutigen Dinge auszuprobieren und ihnen die Freiheit geben, Inhalte zu treiben.

Die Offenheit Disziplinen miteinander zu verbinden und dadurch zu ganz neuen Erkenntnissen zu kommen, ist eine Zukunftsvision.

Neugier Selbsttest

Neugier Report 2018

www.merckgroup.com

About:
Christine Blum-Heuser, Senior Manager Brand Communication, Merck
Die Diplomdesignerin kam 2014 zu Merck und war Teil des Kernteams des Merck Marken-Relaunchs.
Seit Anfang 2016 verantwortet sie als Projektleiterin der Curiosity Initiative die externe Markenkommunikation.
Ihr Erfahrungshorizont erstreckt sich von klassischer Werbung über Dialogmarketing bis zu digitalem Marketing. Erworben hat sie ihn in verschiedenen Agenturen der Ogilvy Gruppe, wo sie als Creative Director Kommunikationsmaßnahmen für Kunden aus vielen Industrie- und Dienstleistungsbereichen verantwortete. Schon immer hat sie Neugier als eine ihre wichtigsten Eigenschaften beschrieben – jetzt widmet sie sich diesem Thema mit wissenschaftlicher Tiefe.