Jens Bode,
Trend-Explorer, Innovation GameChanger & ‘Freigeist’,
Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf

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Trendscouting ist längst kein Luxus mehr, sondern für den Unternehmenserfolg unabdingbar. Das Erfassen und Bewerten externer Einflüsse und Trends ist strategische Grundlage, um Business Opportunities und neue Revenue Streams zu erschließen, trägt aber auch zur Risikominimierung bei. ‘Der Mix aus der Zusammenarbeit interner und externer Experten sowie multidisziplinärer Teams bringt den Erfolg’, sagt Henkel-Trendscout und Freigeist Jens Bode. Auf diese Art ist es möglich, Inspirationen aus anderen Märkten in kurzer Zeit für das eigene Unternehmen zu übersetzen und anzuwenden. Neugierde2, Achtsamkeit und auch ‘Borrow with pride’ heißt die Erfolgsformel, die das lange propagierte ‘Not invented here’ aushebelt.

Interview von Julia Weinzettl

Jens Bode spricht am 11.Okt. 2018 am Austrian Innovation Forum in Wien.

Im Sinne des Taskfarm Konzepts wurde Jens Bode von Helmut Blocher auf das Interview eingeladen.

istock                                                                                                                                                                                                                                                      ©iStock

Früher war Trendscouting eine luxuriöse Spielerei – was hat sich geändert?

Jens Bode: Trendscouting ist längst eine ‘must have’-Abteilung. Es ist für den Unternehmenserfolg essenziell, sich mit externen Einflüssen und Trends zu beschäftigen, die einerseits Chancen für das Geschäft und neue Erlösmodelle darstellen, andererseits auch auf Risikominimierung abzielen. Unter Trendscouting fallen kurzfristige Trend- und Modeerscheinungen genauso wie langfristige Einflüsse, Szenarien oder Wild Cards.

Wie funktioniert Trendforschung bei Henkel?

Jens Bode: Ich würde meine Position als eine Art Mischung aus Inhouse-Beratung und Agentur beschreiben. Ich habe ein umfangreiches Netzwerk an internen und externen Trendexperten aufgebaut – dazu gehören sowohl Einzelpersonen als auch internationale Agenturen. Desk-Research sowie der aktive und intensive Austausch mit externen Trendexperten sind wichtige Bestandteile unserer Arbeit.

Als Konzern hat Henkel viele Sparten und Produkte, wie sehr gehen Trendideen in der Umsetzung ins Detail?

Jens Bode: Henkel hat drei Unternehmensbereiche: Adhesive Technologies, Beauty Care und Laundry & Home Care. Ich spreche hier für den Laundry & Home Care-Bereich. Einerseits beschäftige ich mich mit ‘Fast Trends‘ wie Modeerscheinungen und kurzfristigen Ereignissen. Das können neue Inhaltsstoffe, auch neue Claims oder Konzepte sein, die aufkommen. Wir schauen uns intensiv neue Launches in praktisch allen Kategorien an – von Food über Kosmetik bis hin zu neuen Entwicklungen im Bereich Interior oder Architektur. Früher konnte man beobachten, wie z. B. neue Trend-Inhaltstoffe und Stories über den Food-Bereich in andere Kategorien übersetzt wurden, aber das hat teilweise Jahre gedauert. Heute nutzen wir intern den kreativen Austausch, um neue Trends direkt in mögliche neue Konzepte zu übersetzen. Im Sinne von „Anticipate and Lead“ beschäftigen wir uns aber auch mit langfristigen Strömungen, z.B. mit Zukunftsszenarien. Aus diesen leiten wir Hypothesen, Implikationen, Chancen und Risken ab. Um hier optimal aufgestellt zu sein, haben wir in unserer Organisation kleine Teams aufgebaut, die sich auf bestimmte Suchfelder konzentrieren.

Die Idee dahinter ist, kurzfristig schnell reagieren zu können, wie ist das in einem großen Unternehmen möglich? Gibt es einen Fastrack?

Jens Bode: Wir haben intern neue Abläufe eingeführt, die das ermöglichen. Externe Einflüsse, die uns in irgendeiner Art und Weise im Positiven wie im Negativen – also Chance versus Risiko – betreffen, können wir schnell mit dem Top-Management diskutieren und auch direkt erste Ideen und Prototypen besprechen. Wir sammeln neue Materialien und Muster, die mit dem Management und in unseren interdisziplinären Teams offen diskutiert werden. Nach dem Motto ‘borrow with pride’ ist das Ziel, gewisse Inspirationen aus parallelen Märkten zu übersetzen. Das kann ein Claim sein, ein Inhaltsstoff oder ein Trend im Packaging-Bereich. Im Idealfall wird in diesem Meeting direkt entschieden, mit der Umsetzung zu starten. Mit speziellen langfristigen Themen beschäftigen sich kleine Expertenteams. Neue Lösungen werden entweder intern entwickelt oder in Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern. Der Zeithorizont liegt hier bei mehr als zwei Jahren.

Kannst du ein Beispiel für eine aussergewöhnliche Innovation nennen, die ihr umgesetzt habt?

Jens Bode: Ein Beispiel von unserem IoT-Team kann ich gerne teilen. Das Team beschäftigt sich mit Smart Home-Lösungen, und entwickelte zusammen mit den verantwortlichen Kategorie -Kollegen ein Mückenschutz-Gerät für den asiatischen Markt. HomeControl verarbeitet externe Daten zu Wetterlage und zum Moskitoaufkommen und kann, bei erhöhtem Risiko an Mücken, automatisch ein Insektizid versprühen – und zwar genau die Menge, die benötigt wird. Oder ich kann das Gerät direkt, z. B. auf dem Weg nach Hause, per App steuern und sorge so für eine Mückenfreie Umgebung, wenn ich zu Hause eintreffe. Dass wir uns bei Henkel neben den eigentlichen Produkten jetzt auch mit Hardware und IoT-Lösungen beschäftigen, hat auch etwas mit Engagement und Kultur-Wechsel zu tun.

Wie wird Innovation und Trendscouting in zehn Jahren aussehen?

Jens Bode: Ohne Innovation gibt es Stillstand, das ist heute so und wird sich in zehn Jahren nicht ändern. Ich bin immer wieder fasziniert und gleichzeitig erstaunt, wie wenige Unternehmen sich aktiv mit Trends und deren Übersetzung beschäftigen. Ein aktives Trendscouting ist weniger eine Frage des Budgets. Viel wichtiger ist eine Kultur von Neugierde, Achtsamkeit, aktivem Teilen und gegenseitiger Inspiration. Sich generell mit Trends und auch externen Risikofaktoren auseinanderzusetzen, ist ein absolutes Muss und ein Überlebensfaktor für Unternehmen. Meine persönliche Vision ist es, dass in zehn Jahren das Thema Trendscouting oder Strategic Foresight in jedem Unternehmen genauso implementiert ist, wie eine Controlling-, HR- oder Corporate Communications-Abteilung.
Aus meiner Sicht perfekt sind dafür kleine agile Einheiten, mit entsprechenden Ressourcen und einem hohen Grad an Diversity, d. h. mit unterschiedlichen Typen und Talenten. Der Kreative muss genauso Teil des Teams sein wie der Pragmatiker oder der Controller. Idealerweise baut man sich eine Art Radar – ein Scansystem aus internen und externen Experten – auf, verbindet diese beiden Sichtweisen und kann so einen Prozess etablieren, der es immer wieder ermöglicht, diese Impulse in neue Produktlösungen zu übersetzen – und das schnell und flexibel.

Welche Jobs werden in Zukunft benötigt, die heute noch keinen Namen haben?

Jens Bode: Es gibt in meiner Wahrnehmung zu wenig ‘kreative Spinner’, Scouts oder Freigeister in Unternehmen. Personen, die immer wieder über den Austausch mit Externen, aber auch durch Inspirationen über Trend-Walks, Messen oder ähnliche Events, das Neue zurück in das Unternehmen bringen und aktiv die Ideenentwicklung mitsteuern. Darüber hinaus ist für mich ein Punkt besonders wichtig, denn Trendscouting geht über die ‘Experten’ hinaus: Praktisch alle Mitarbeiter sollen ein Gespür für Veränderung haben und weiter entwickeln, das Neue sehen, es teilen und ihr individuelles, kreatives Talent einbringen.

www.henkel.com

About:
Jens Bode, begeisterter Innovator und aktuell: Trend-Explorer, Innovation GameChanger & „Freigeist“
bei der Henkel AG & Co. KGaA in Düsseldorf, mit mehr als 20 Jahren Praxis & Erfahrung und mit
Fokus auf Kreativität & Kultur, Inspirationen & Trends, Innovation & Prozesse: u.a. in ThinkTanks
/ kreativen Crowds / Coachings. Dazu Innovation-Engagements in div. Industrien: b2b wie b2c.