Mag. Barbara Coudenhove, MA/
Gründerin und Partner Center for Responsible Management

TF: Was hat Dich dazu bewogen, Dich dem Thema Ethik und Management anzunehmen?

Ich beschäftige mich seit 20 Jahren mit Ethikthemen. Das Thema Verantwortung, Werte und ethisch korrektes Verhalten spielt vor allem für Unternehmen eine große Rolle. Nach meinem MA an der Steinbeis-Universität in Berlin zu „Business Ethics and Responsible Management“ haben meine Partnerin Gabriele Faber-Wiener und ich beschlossen, das Thema „Ethik“ aus dem teilweise abstrakten, esoterischen und spirituellen Verständnis herauszulösen. Wir möchten zeigen wie wichtig und effizient Ethik als Fundament ist, um Vertrauen aufzubauen. Vertrauen ist das Schmiermittel der funktionierenden Wirtschaft. Ohne Vertrauen kommen keine langfristigen Geschäftsbeziehungen zustande. Deswegen ist Ethik ein wichtiges Thema, ohne hier die Moralkeule zu schwingen.

Die Umsetzung von Ethik in Unternehmen braucht keine großen finanziellen Investitionen. Die Auseinandersetzung mit den fundamentalen Werten und Prinzipien, die teilweise ja privat stark ausgeprägt sind, ist aber essentiell.

TF: Wie geht Ihr vor um einen Umsetzungsweg zu zeigen?

 Wir beginnen mit einem Glaubwürdigkeits-Check bzw. zeigen einen Spiegel von außen.

Hier stellen wir folgende Punkte fest:

Welche Werte hat das Unternehmen tatsächlich?

Wem gegenüber? (Kunden, Mitarbeitern, …)

Wie sind diese Werte im Unternehmen verankert?

Wie werden sie kommuniziert?

Welches Feedback gibt dazu?

Was machen die Peers?

etc. …

Der Glaubwürdigkeits-Check wird nach wissenschaftlichen Kriterien vorgenommen und kreiert allein schon viele AHA-Erlebnisse.

Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme analysieren wir den Status-Quo und entwickeln eine Strategie. Hier legen wir den Fokus auf die Beschäftigung mit den Werten, die ein Unternehmen explizit hat und leiten diese Werte auf eine prinzipielle Ebene ab. Ein hoher prinzipieller Wert ist z.B. Gerechtigkeit. Auf der praktischen Eben würde das „Fairness“ bedeuten. Wenn für das Unternehmen z.B. Fairness ein wichtiger Wert ist, erörtern wir die Frage: Wie kann ein Mitarbeiter spüren, dass Fairness in diesem Unternehmen wichtig ist?
Spürt er das z.B. an der Karriereplanung oder am Gehalt?

Wenn nun Bezahlung die Antwort ist, analysieren wir, ob das weitgehend so empfunden wird oder ob dieses Statement transparenter gemacht werden muss.

Diese stringente Argumentation kann man mit allen Werten machen. Es ist ein aufwendiger Prozess, der, nach unserer Erfahrung, selten gemacht wird. Im schlechtesten Fall wird eine PR-Agentur damit beauftragt die Werte zu beschreiben.

Kommunikation ist ein wichtiger Faktor, weil sie die Brücke nach Innen und Außen bildet. Das ist nicht die Aufgabe von PR. Die interne Kommunikation ist ein Schlüsselfaktor bei diesem Prozess. Um sie so zu gestalten, dass sie ethischen Regeln folgt, ist es wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln. Das heißt nicht nur selektiv zuzuhören, sondern einen 360Grad Winkel aufzumachen, alle Standpunkte wertfrei anzuhören und dann erst zu analysieren.
Das ist der Anspruch, den wir uns gesetzt haben.

TF: Wenn Du in die nächsten 10 Jahren blickst, welche Veränderungen kommen auf uns zu?

Ich glaube die Zahl der Personen, die sich selbstständig machen, wird sich auf jeden Fall erhöhen. Kooperation untereinander wird ansteigen, z.B. in Form von Netzwerken, Gemeinschaftsbüros und noch flexiblerer Zeiteinteilung.

Ich hoffe, dass wir gerade hier in Österreich unternehmerischer werden. Es gibt noch zu wenig unternehmerische Kultur in diesem Land, ich habe aber das Gefühl, dass wir uns in diese Richtung entwickeln.

Als ich studiert habe gab es noch ganz klare Karrierewege, die man beschreiten konnte. Heute hat man mehr Möglichkeiten, aber es ist auch schwieriger geworden das richtige für sich selbst zu finden. Man kann mehr ausprobieren, d.h. aber auch, dass man reflektierter, spontaner und letztendlich unternehmerischer sein muss, um im Arbeitsleben glücklich zu werden.

TF: Ist das ein Anspruch, dass uns unsere Arbeit glücklich machen soll?

Auf jeden Fall. Man verbringt so viel Zeit in der Arbeit. Da ist es wichtig, dass man sich verwirklichen kann. Ich glaube auch, dass dieser Anspruch an Arbeit in Zukunft an Bedeutung gewinnt.

TF: Was sind die größten Chancen, die wir in einer veränderten Arbeitswelt haben – unter Einbeziehung eines vermehrten ethischen Bewusstseins?

Die größte Chance ist es uns durch diesen Ansatz auf einen nachhaltigeren Pfad zu bringen. Letztendlich ist es für alle besser verantwortlicher und reflektierter zu handeln.
Dinge in Frage zu stellen, den Freiraum zu haben unternehmerisch zu sein und etwas bewegen zu können.

Unter der ethischen Perspektive haben alle die gleichen Ansprüche. Das bedeutet, du darfst niemals einen Menschen als Mittel zum Zweck gebrauchen. Unser Wirtschaftssystem ist zu einem großen Teil so ausgerichtet, dass Menschen Mittel zum Zweck maximalen Profits sind. Hier sehe ich das Aufbrechen von Strukturen.

TF: Was ist die größte Herausforderung in den nächsten Jahren?

Wenn man das System betrachtet stellt sich die Frage: Wo kommt der Druck her?
Machen sich Menschen selbstständig, weil sie müssen? Oder weil sie wollen?
Wie geht man mit diesen vielen kleinen Ich-AGs um? Wie werden sie unterstützt?
Welche Rahmenbedingungen sind notwendig? Wie hilft hier das politische System?

In Österreich sind wir so stolz auf die 95% KMUs, von denen 80% weniger als 50 Angestellte haben. Es zeigt wie wichtig diese KMUs sind. Aber wenn man mit Unternehmern spricht, hört man, wie mühsam der Einzelkampf für sie ist und daß sie sich nicht genug vertreten fühlen. Ich glaube, es ist eine große Herausforderung Unternehmertum zu fördern und nicht zu bestrafen.

TF: Hast Du eine Vision?

Meine Vision ist, dass das Denken der Menschen auf das Thema Verantwortung, Vertrauen und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Alle Tools, die man dafür benötigt, müssen logisch sein und leicht verfügbar. Ethisches Bewusstsein darf keine philosophische Disziplin sein, die einigen wenigen vorbehalten ist. Jeder muss die Möglichkeit haben zu diesem Mindset einfachen Zugang zu haben. Ethisch richtiges Verhalten darf nicht zu Wettbewerbsverlust führen. Meine Vision ist, dass der Erfolg kommt, weil man sich ethisch richtig verhält.

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