Mag. Martina Gleißenebner-Teskey/
BTC-Branding.Training.Coaching.e.U./
Initatorin von Leadership Night und Leadership Think Tank

TF: Was hat Dich dazu bewogen den Leadership Think-Tank zu gründen?

Ich habe zunächst Ökologie studiert und ich bin Trainerin geworden, weil es für mich letztendlich um das Ökosystem Mensch geht. Ich bin als Mensch ein eigenes Ökosystem. Wenn ich nicht in Balance bin, dann werde ich auch nicht kraftvoll wachsen, mich entfalten, produzieren können, etc. …
Ich beschäftige mich außerdem schon lange damit, dass Frauen in Führungs- und Expertenpositionen unterrepräsentiert sind. In der Ausprägung, in der sich das Bewusstsein der Menschen geändert hat, haben sich die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen noch nicht genügend weiterentwickelt. Daher sehe ich das Ökosystem Gesellschaft als grundlegend gestört – Frauen und Männer sind in bestimmten Rollen und Bereichen fixiert und es findet keine oder ungenügend Befruchtung statt. Und dadurch werden bestimmte Verhaltensmuster zementiert, Entwicklung verunmöglicht.

Ich denke, dass Frauen viele Dinge anders machen, weil sie eine ganz andere Entwicklungsgeschichte als Männer haben. Ich möchte untersuchen, inwiefern sich das Führungsverhalten von Frauen, wenn sie nicht die ‚männlichen’ Prinzipien anwenden müssen, verändert und sich dadurch die Wirtschaft verändert. Wir alle haben uns in unserem Denken und Fühlen weiterentwickelt, aber wir bilden das in unserem Führungsverhalten noch nicht ab.
Es gibt in Österreich ein Ungleichgewicht zwischen den Möglichkeiten, die sich bieten und der Anzahl an Frauen, die man dann tatsächlich in Schlüsselpositionen antrifft. Um dieser Thematik auf den Grund zu gehen, wollte ich mit mehreren Personen denken – das war die Initialzündung zu Gründung des Leadership Think Tanks.
Wenn Männer und Frauen in Bereichen, in denen sie das bisher noch nicht getan haben, zusammenarbeiten, kommt man zu einem anderen Ergebnis. Ich habe Zeit meines Lebens nach neuen Wegen gesucht, das wäre ein neuer Weg – schauen wir wo er uns hinführt.

TF: Ist in Deinen Augen auch aufgrund der Art wie wir arbeiten und arbeiten werden dieser Bedarf zu diesen Zeitpunkt gegeben?

Ja, ganz gewiss. Das Arbeitsleben wird sich aufgrund der Menschen verändern. Die Menschen und ihre Wünsche verändern sich, sowohl von Männern als auch von Frauen. Bei Männern sehen wir immer mehr den Wunsch, dass sie mehr Zeit für ihre Familien haben wollen, dass sie nicht nur Getriebene des Gewinnstrebens und des Erfolgs sein wollen. Das männliche Mantra “größer, schneller, weiter“ hat sich verändert. Bei vielen Frauen hat sich der Wunsch entwickelt, mehr mitzugestalten, aber eben auf eine Art und Weise, die ihnen besser entspricht und sie nicht der Tatsache aussetzt den täglichen männlich dominierten Kampf mitkämpfen zu müssen. Es ist weniger die Arbeitswelt, die sich per se verändert, sondern die Veränderung der Menschen an sich und dadurch die Weiterentwicklung der Arbeitswelt.

TF: Was sind Deiner Meinung nach, die größten Veränderungen, die in der Arbeitswelt auf uns zukommen?

Wir erleben die örtliche und zeitliche Befreiung, die wir durch die technologischen Möglichkeiten in Form von Home Office und Mobilem Büro umsetzen können.
Durch diese freie Art des Arbeitens erfahren wir aber auch einen grossen Strukturverlust, der letztendlich auch eine Bürde für viele Menschen sein kann.
Der Verlust des geregelten Ablaufs und die plötzlich ständig auftretenden Wahlmöglichkeiten bzw. der permanente Entscheidungsdruck führt bei vielen Menschen zu Verunsicherung und Stress.

TF: Was sind die größten Herausforderungen, die auf uns zukommen werden, die eben diese Entwicklungen mit sich bringen?

Wir stehen einerseits vor einer individuellen Herausforderung, nämlich die innere Balance zu bewahren. Die grosse Freiheit fordert auch ein grosses Mass an Selbstdisziplin und bewusster Abgrenzung gegen die ständige Erreichbarkeit.
Andererseits stehen durch diese Veränderungen aber auch Unternehmen vor der Herausforderung, zu ihren Mitarbeitern eine Bindung aufzubauen und zu halten, trotzdem diese dezentral arbeiten. Die Bereitstellung von Strukturen, durch die sich beim Einzelnen das Gefühl der Unternehmenszugehörigkeit einstellen und sich eine Unternehmenskultur entwickeln kann, ist nach wie vor essentiell für die Positionierung und Identitätsbildung von Unternehmen.

TF: Was sind Deiner Meinung nach die größten Chancen, die wir haben, auch im Zuge dieser Veränderung der Führung?

Mein Thema, seit knapp 20 Jahren, ist die Beschäftigung mit „Charisma“.
Was ist die Gnadengabe, die jeder von uns hat?
In den Strukturen, in denen wir uns jetzt befinden, gibt es ganz wenige Personen, die ihre Gaben ausleben können. Die große Chance, die wir jetzt haben, ist mehr von unserem individuellen Potential zu erkennen, zu fördern und auch im Arbeitsleben einzusetzen.

TF: Gibt es einen Weg, den Du vorschlägst, wie man Managern hilft ihr eigenes Potential, aber auch das Potential in ihrer Mitarbeiter zu erkennen?

Ich sehe zwei Ansatzpunkte:
Auf der einen Seite muss man Führungskräfte viel mehr aus dem Tagesgeschäft herausnehmen. Führung scheitert, wenn die Führungskraft keine Zeit hat wirklich zu führen, sondern nur damit beschäftigt ist zu organisieren, einzuteilen und Prozesse zu strukturieren.
Zweitens muss man das Zuhören im Verständnis von Menschen wichtiger und wertvoller machen. Es geht letztendlich darum, Menschen zu fragen, was sie interessiert, wo ihre Leidenschaften sind und wie sie sich einbringen können. Führen heißt in diesem Zusammenhang, den Raum zu schaffen, damit ein Mensch sein Potenzial mit der richtigen Aufgabe und in der optimalen Form im Unternehmen einbringen kann.
Hierfür muss Bewusstsein geschaffen werden.

TF: Was ist Deine Vision?

Meine Vision ist ein Arbeitsleben, in dem sich Menschen kraftvoller einbringen können, weil sie mehr aus ihrer eigenen Stärke leben dürfen. Meine Vision ist, dass sich Frauen und Männer als „Personen“ für ihr jeweiliges Lebensmodell entscheiden können und nicht von gesellschaftlichen Erwartungen in bestimmte Rollen- und Verhaltensmuster getrieben werden.
Meine Vision ist also ein Stück weit mehr Authentizität.

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