Mag. Sabine Zinke,
Senior Consultant, Partnerin M.O.O.CON® GmbH

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Das Büro ist nicht der einzige Ort der Arbeit. Mit dieser Erkenntnis und ihren Konsequenzen befassen seit dem Lockdown auch Unternehmen, die bisher nicht über mobiles Arbeiten nachdachten. Das Büro steht plötzlich in Konkurrenz mit jedem anderen Ort der über eine stabile Internetverbindung verfügt. New Work und die Veränderung der Arbeitswelt war schon vor Corona ein Veränderungstreiber. Mit den Learnings aus der Krise gibt es jetzt nicht nur einen Strategie-Boost, sondern auch ein Umdenken für laufende Projekte. Abarbeitungsflächen werden in Begegnungszonen umgewidmet, denn das Büro erfüllt vermehrt die Aufgabe des Kulturvermittlers und Identitätsbilders, sagt Sabine Zinke, M.O.O.CON.

Sabine Zinke spricht am www.corporate-culture-jam.at am 7./8. Oktober 2o20 in der Ankerbrot Fabrik in Wien.
Im Sinne des Taskfarm Konzepts wurde sie von Helmut Blocher, Geschäftsführer Succus Gmbh, auf das Interview eingeladen.

Wo geht es hin, wenn wir an die räumliche Gestaltung der Arbeitsplätze in Zukunft denken?

Sabine Zinke: Das Büro als Ort der Arbeit sieht sich plötzlich erheblicher Konkurrenz ausgesetzt. Arbeiten von überall war schon vor der Corona-Pandemie ein Trend, aber jetzt ist das Konzept in  allen Unternehmen angekommen. Denn, es macht keinen Unterschied, ob ich ins Caféhaus oder in einen Coworking-Space gehe, von zu Hause arbeite, bei einem Freund im Wohnzimmer sitze oder auf der Almhütte. Ich habe unendliche Möglichkeiten. Und mit denen konkurriert das Büro. Insofern muss es einen starken Attraktor haben, der die Menschen noch dorthin bringt.

Ich werden jeden Tag in der früh überlegen: Gehe ich heute ins Büro oder nicht. Und wenn ich dort hingehe, dann weil ich entweder meine Kollegen brauche oder sehen will. Es wird für mich zum Ort, an dem ich mit anderen Menschen zusammenkomme, die ich brauche, um meine Arbeit gut erledigen zu können. Das heißt, die Büros werden attraktiv sein müssen. Und sie werden mir eine gute Arbeitsumgebung liefern müssen. Wenn ich es zu Hause bequemer und besser habe und im Büro niemand ist, den ich für meine Arbeit benötige, dann werde ich nicht ins Büro fahren.

Das heißt, die Büros müssen Kultur transportieren und Leute anziehen. Sie müssen die besten Möglichkeiten zur Verfügung stellen, um mich mit anderen auszutauschen, zu vernetzen, kreativ zu sein, Innovationen zu treiben und Entscheidungen zu treffen. Und natürlich müssen sie den Leuten, die zu Hause nicht die Möglichkeit haben zu arbeiten, das Arbeiten ermöglichen.

Die Abarbeitungsburgen, von denen es jetzt viele gibt, werden sich stark zu Begegnungsorten verschieben. Orte, wo zwar auch noch Platz ist zum Abarbeiten ist, aber der Schwerpunkt in der Begegnung und im Aufladen mit Identität liegt. Büros werden zum Kulturanker und zum Brand Store. Plätze, an denen ich die Kultur spüre und wo ich hinkomme, weil andere da sind.

Wieweit sind diese Strömungen in der Umsetzung schon bemerkbar?

Sabine Zinke: Die Frage nach der Gestaltung der Arbeitswelt ist bei vielen Kunden jetzt virulent geworden. Wenn sie sich gerade in Umgestaltungsprojekten befanden, hat der Lockdown eine nochmalige Re-evaluierung der Ideen eingeläutet. Viele sind durch die Einflüsse der Corona-Pandemie noch einmal ein Stück progressiver in der Denke geworden. Sie haben realisiert, dass der große Home-Office-Anteil die Verwendung der Räumlichkeiten komplett ändern kann.
Wenn ein Unternehmen jetzt festlegt, dass 30 oder 40 Prozent home-office möglich ist, dann wird die Nutzung der Fläche in Frage gestellt.
Es gibt natürlich Unternehmen, die auf das Optimieren schauen und sofort den Rechenstift ansetzen und sparen. Oder es gibt den Mix aus Sparen (im Sinne der Flächenverkleinerung, weniger Miete etc.), und anderen Überlegungen.
Wir versuchen gemeinsam zu hinterfragen, was die andere Nutzung inhaltlich für die Fläche bedeutet. Vielleicht heisst es ein bisschen sparen. Aber es heißt vor allem, man braucht etwas anderes als man vorher hatte. Das bedeutet nicht nur ein paar Schreibtische wegnehmen. Sondern vielleicht auch mehr Begegnungsfläche, weil man ins Büro kommt, um andere zu treffen oder vielleicht auch mehr Videokonferenzmöglichkeiten etc… Wir arbeiten mit vielen Kunden daran bestehende Fläche zu revitalisieren oder umzugestalten.

Es gibt auch Unternehmen, die gerade durch die Corona-Verschärfungen erst auf die Idee kommen, über die Umgestaltung der Arbeitswelt ihres Unternehmens nachzudenken. Sie merken, dass sie an einer Positionierung nicht mehr vorbeikommen.

Was hat sich für euch als Unternehmen geändert?

Sabine Zinke: Konservative Unternehmen, bei denen man sich vor Corona Änderung gar nicht vorstellen konnte, setzen sich mit mobilem Arbeiten auseinander. Es ist ein Sog entstanden. Mobiles Arbeiten wird eingefordert und macht Möglichkeiten auf, die es sonst in zehn Jahren noch nicht gegeben hätte. Die Corona-Verschärfungen haben eine Bewegung hervorgerufen, die diese Prozesse enorm beschleunigt.
Allerdings wollen auch weniger Unternehmen gerade in dieser Phase einen Neubau oder einen Umzug planen. Der Fokus ist derzeit auf der Umgestaltung der Bestandsflächen.

Wie wird die Umgestaltung dieser Bestandsflächen aussehen?

Sabine Zinke: In Summe werden sie kleiner werden und eine andere Qualität haben. Klar, es wird immer Orte auch zum Abarbeiten geben, aber der Fokus wird sich verschieben. Die Umgestaltung ist dann individuell. Fragen wie: Wie viel Home-Office ist sinnvoll? Was ist die Rolle des Büros? Wie viel Raum benötigen wir? Und was sind unsere Rahmenbedingungen? Und was heißt das für unsere Fläche? Müssen vor der Umgestaltung beantwortet werden.

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About:
Sabine Zinke ist Senior Consultant und Partnerin bei M.O.O.CON und Psychologin mit Affinität zur Architektur. Ihre langjährige Erfahrung in der Personal- und Organisationsentwicklung stellt eine fundierte Basis für ihre Tätigkeit bei M.O.O.CON dar. Als Expertin für Organisationsplanung und Change-Management befasst sie sich mit Themen wie Activity Based Working und Transition in neuen Arbeitswelten.