Sandra Stromberger, Gründerin Industry meets Makers

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Konzerne und Maker arbeiten auf Augenhöhe an gemeinsamen Projekten und spielen sich mit Lösungen?
Klingt wie etwas, das sich viele wünschen, aber keiner glaubt, dass es möglich ist.
2014 startete Sandra Stromberger im Rahmen von DigitalCity.Wien die Initiative Industry meets Makers. Initial wurde die Interessensgemeinschaft von der Wirtschaftsagentur Wien gefördert. Jetzt geht´s bereits in die vierte Runde. Top-Unternehmen, wie Infineon, Magna Steyr, Nokia, ZKW, T-Mobile & Co schreiben Briefings in Feldern wie AI, Blockchain, IoT, Robotik, 3D-Printing, Security, Industrie 4.0 oder Smart City aus. Jetzt geht´s bereits in die vierte Runde.
Top-Unternehmen, wie Infineon, Magna Steyr, T-Mobile & Co schreiben Briefings in Feldern wie AI, Blockchain, IoT, Robotik, 3D-Printing, Security, Industrie 4.0 oder Smart City aus. Maker melden sich mit Lösungsansätzen. Sechs Monate wird zusammengearbeitet und ausprobiert, danach werden die fruchtvollen Ergebnisse, wie z.B. Prototypen, Kooperationen oder auch Konzepte präsentiert. Im Zuge dessen entstand eine bunte Community. Klassische Verträge gibt es nicht, genauso wenig wie große Mitgliedskosten entstehen. Durch das Wegfallen der administrativen Stolpersteine entsteht Leichtigkeit. Outcome für Konzerne ist die Berührung mit einem Kreativpool an Personen, mit denen sie sonst schwer zusammen kommen und die Entwicklung von Lösungen außerhalb der Konzerndenke.

Im Sinne des Taskfarm Konzepts wurde Sandra Stromberger von Hans Sailer, Gründer der Innox Runde, auf das Interview eingeladen.

Mit welchen Ergebnissen können Teilnehmer rechnen?

Sandra Stromberger: Wir hatten schon fast alles: funktionierende Prototypen, Konzepte, Anstellungen, Folgeaufträge, eine Firmengründung, eine Patenteinreichung. Die Outcomes ergeben sich je nach Anforderung der Teilnehmer. Wenn ein Startup mitmacht, hat es ganz andere Interessen als beispielsweise ein freier Entwickler oder ein Student, der gerade ein Diplomarbeitsthema sucht. Dementsprechend sind die Ergebnisse unterschiedlich. Die ersten sechs Monate sind eine Art Spielwiese, ein gegenseitiges Kennenlernen und Ausprobieren der Zusammenarbeit, wirklich spannend ist, was danach passiert. Aufgrund des großen Erfolgs rollen wir Industry meets Makers mit der Hilfe starker lokaler Netzwerkpartner erstmals in mehreren Regionen Österreichs parallel aus.

Kannst Du Beispiele für Outcomes nennen?

Sandra Stromberger: Zum Beispiel die Entwicklung des smarten Hochbeet – Smart Green. 2016 brachte T-Mobile eine IoT – Developerbox auf den Markt. Man wollte mit freien Entwicklern neue Produktideen kreieren und Feedback zur Anwendung des Produkts sammlen. Gemeinsam wurde ein Hochbeet mit der IoT Developerbox ausgestattet (IoT-im Garten – taskfarm berichtete). Diese Zusammenarbeit mündete in einen großen Auftrag von T- Mobile zur Gestaltung der Dachterrasse des T-Centers in Wien. Das wiederum resultierte in der Firmengründung des Startups Smart Green.

Infineon beispielsweise schrieb Drohnenanwendungen aus, daraus entstanden gleich zehn Drohnenprojekte. Unternehmen und Maker wurden richtig zum Team, sie veranstalteten gemeinsame Grillabende in diverser Runde, der älteste Teilnehmer war um die 70, gemischt mit FH-Studenten.

WienEnergie schrieb sehr erfolgreich ein Solarstrominselkonzept aus. Das Projekt wurde im Anschluss infolge eines internen Management-Wechsels dann zwar nicht weiter vorangetrieben, die Teilnehmer jedoch angestellt.

Dürfen nur Einzelpersonen mitmachen?

Sandra Stromberger: Anfänglich wollten wir nur Konzerne mit Einzelpersonen matchen. Aber ab dem ersten Jahr riefen Mittelständler an und fragten, ob sie teilnehmen dürften. Zuerst lehnte ich ab, denn sie sind eigentlich keine Maker mehr. Es kamen aber so viele Anfragen, dass ich aufgab, weil ich dachte eigentlich ist es im Sinne aller. Auch die Konzerne finden es spannend wenn KMU mitmachen. Dementsprechend überstrapazieren  wir den Maker Begriff ein wenig, aber die Ergebnisse, die wir erzielten, waren sehr fruchtvoll.

Ursprünglich wollten wir einen Wettbewerb veranstalten, diese Idee haben wir über Bord geworfen, denn ab dem ersten Treffen erzählten sich alle alle Ideen, gaben sich Tipps und fingen an zu kooperieren.

So ist jetzt die Welt…

Sandra Stromberger: Genau. Dementsprechend sind sich die Teilnehmer auch nicht im Weg, denn ein Student hat ein ganz anderes Interesse als eine Firma mit 150 Mitarbeitern. Im Gegenteil, es passiert sogar, dass der eine den anderen anstellt oder übernimmt. Es gab schon die wildesten Kombinationen, es haben sich auch schon Industriebetriebe für Industrie Briefings beworben. Die leitete ich natürlich auch weiter, da entstehen dann Geschäfte auf ganz anderen Ebenen. Wie eine Surprisebox.

Es gab auch schon verschiedene Wechsel und Zurückwechsel bei Anstellungen.

Auch Teamwechsel ist beliebt?

Sandra Stromberger (lacht): Auch das. Wir haben Chat Tools, bei denen wir pro Briefing Thema eigene Channels anlegen. Jeder darf überall hineinsehen – es gibt keine geschlossenen Gruppen, da laufen die Teams auch immer wieder über. Wenn die andere Gruppe spannender ist, machen sie auf einmal bei einem anderen Projekt mit. Sie helfen sich gegenseitig und wechseln das Team.

Was sind die Hauptlearnings?

Sandra Stromberger: Der Vorteil ist, dass es wenige Regeln gibt und keine Verträge, denn sonst muss man zuerst zur Rechtsabteilung im Konzern und dann wird es mühsam.

Der Handshake Deal macht es wirklich leicht sich einzulassen.

Fast alle Teilnehmer haben ihr Netzwerk stark erweitert. In dieses Netzwerk kommen auch tatsächlich nur die wirklichen Innovationstreiber, denn hier muss etwas geschehen, das schließt automatisch ‘heisse Luft Verbläser’ aus.
Der Hauptmotivationsfaktor mitzumachen ist tatsächlich der Spieltrieb und die Neugier etwas auszuprobieren.
Die Schwierigkeiten sind in erster Linie die verschiedenen Geschwindigkeiten – ein Maker braucht ein schnelles Tempo und schnelles Feedback und der Konzern kann das nicht immer liefern.
Ein Briefing so zu formulieren, dass möglichst viele mitmachen können, aber dennoch für den Konzern das erwartete Outcome bietet, muss wohlüberlegt sein.

Unternehmen, die zum ersten Mal mitmachen, können sich oft nicht vorstellen, was sie erwartet und was sie erwarten, dadurch sind die Briefings nicht genug fokussiert.
Es ist gut, genau zu überlegen, was man nach 6 Monaten erreicht haben will. Sucht man Mitarbeiter? Sucht man externe Partner mit denen man Projekte umsetzen kann? Sucht man neue Ideen, die man selber umsetzen kann? Diese Fragen sollten spezifiziert sein, bevor das Briefing geschrieben wird.

Dann geschehen die klassischen Fehler von Großkonzernen – eine Innovationsabteilung hat ein coole Idee, schreibt etwas aus und vergisst, die Fachabteilung rechtzeitig hereinzuholen oder Sommermonate sind ein Problem, da viele Ansprechpartner auf Urlaub sind und die Maker keine Antworten mehr bekommen.

Was ist das Business Modell?

Sandra Stromberger: Wir hatten am Anfang Förderungen. Es gibt kein Business Modell, denn der Fokus lag auf Community Building. Wenn ich viel verrechnen würde, würden viele, womöglich sehr innovationsstarke, Firmen gleich von Anfang an ausgeschlossen und die Unternehmen würden sofort in eine Auftraggeberhaltung verfallen. Wenn man sich auf dem Niveau eines Vereinsbeitrags befindet, dann wissen sie, sie müssen mitarbeiten, denn sonst geschieht nichts. Im 4ten Jahr verrechne ich zum ersten Mal eine kleine Fee um kostendeckend zu sein.

Wenn wir zehn Jahre in der Zukunft sehen, wie werden wir arbeiten?

Sandra Stromberger: Ich glaube, dass eine Arbeitsweise, wie wir sie bei Industry meets Makers pflegen, zu einem vielseitig erprobten Standard herangereift sein wird, der bereits für viele Detailfragen, passende Lösungsmodelle bereithält. Zudem hoffe ich sehr, dass wir es bis dahin bereits geschafft haben werden, uns so zu vernetzen, dass beispielsweise eine Firma mit Sitz in Stockholm, quasi in Echtzeit das optimal passende Maker-Team findet – auch wenn dessen Mitglieder gerade in Mailand, Barcelona und Helsinki wohnen und über völlig unterschiedliche Profile verfügen.

About:

Die gebürtige Kärntnerin, Sandra Stromberger, ist seit über 20 Jahren als Managerin sowie Strategie- und Projektentwicklerin in der Medien- und Kommunikations-Branche tätig, hat in den vergangenen Jahren in Wien und Berlin gelebt, an der Freien Universität Berlin Kommunikation, Film und Politik studiert und vor ca. 4 Jahren damit begonnen, aktiv am Aufbau von Projektentwicklungs- und Vernetzungsinitiativen mitzuarbeiten, die das Ziel verfolgen, unsere Breitengrade im FutureTech-Bereich zu stärken. Dazu zählen Initiativen, wie DigitalCity.Wien (www.digitalcity.wien), Additive Manufacturing Austria (www.am-austria.com) oder auch ihr Eigenprojekt Industry meets Makers (www.industrymeetsmakers.com).