Nils Müller/CEO Trend One GmbH

TF: Was macht Trend One?

Wir helfen Unternehmen Zukunftsbilder zu visualisieren und die Zukunft zu erkennen. Wir bedienen uns dabei verschiedener Formate, Workshops, Keynotes, Studien und Trendreports. Wir identifizieren weltweit Micro-Trends und interpretieren und clustern die Themen wiederum als erste Anzeichen von großen Strömungen.
Wir visualisieren die Zukunft von Branchen und Unternehmen.
Im zweiten Schritt helfen wir Unternehmen zu verstehen, was diese Strömungen unternehmensspezifisch bedeuten. Zuerst Observe dann Understand. Was die Entwicklung der Branche für das jeweilige Unternehmen bedeutet ist sehr individuell. Das Internet der Dinge hat z.B. einen ganz anderen Impact auf einen Energiedienstleister, als auf ein FMCG-Unternehmen. Im dritten Schritt definieren wir die strategische Ausrichtung und machen den Transfer. Wir präzisieren Wachstumsfelder für ein Unternehmen. In diesen Wachstumsfeldern entwickeln wir neue Geschäftsmodelle, neue Servicemodelle, neue Marketinginnovationen und helfen dem Unternehmen, diese Wachstumsfelder mit Produkt- und Service-ideen zu besetzen und erfolgreich zu erobern. Das sind die drei Schritte von Trend One.

TF: Kannst Du dazu ein Beispiel nennen?

Angenommen du bist ein Küchengeräthersteller, baust Kühlschränke, Spülmaschinen und Herde und bist die letzten Jahre stark gewachsen. Jetzt merkst du aber, dass deine Verkaufszahlen stagnieren. Weil der Markt gerade saturiert ist, deine Kunden haben auf Cerankochfelder umgestellt und sind gut ausgestattet. Mit dem stagnierenden Wachstum beginnt die Überlegung: Wie sieht die Küche der Zukunft aus? – Observe
Zweitens: Was bedeutet das für mich und für mein Geschäftsmodell?
Welchen Bereich kann ich besetzen? – Understand
Und drittens: Wie kann ich in diesen Feldern wachsen?
Wir haben z.B. in Zukunft vielleicht autonome Küchen, die für mich kochen. Die autonom nachbestellen, der Kühlschrank füllt sich automatisch. Die Küche ist personalisiert, weiß wer ich bin, weiß was ich gerne esse und bestellt das dann nicht nur sondern kreiert das auch für mich. Weil sie natürlich weiß, wann ich nach Hause komme und unterstützt mich eigentlich wie ein autonomer Koch.
In der Küche der Zukunft geht es nicht mehr darum, dass ich einen Herd habe, sondern dass ich meine Essbedürfnisse befriedige. Hier setzten wir mit Foresight Future Consulting an und  definieren und erobern diese Wachstumsfelder mit unseren Kunden. Z.B. in Form eines Foodprinters, der mit Rohstoffen intelligente Pastagerichte druckt.

TF: Wie kann man sich Trendforschung vorstellen?

Wir forschen nicht im Sinne der Grundlagenforschung, sondern machen Research und tragen die Findings in Reports zusammen. Wir sammeln 1500 Signale an Innovation pro Monat und publizieren daraus 250 sogenannte Mikrotrends. Anhand dieser Informationen können wir unseren Kunden ein Bild der Möglichkeiten der Zukunft präsentieren. Wie sieht z.B. die Welt in 2020 aus. Die Zukunft kann man natürlich immer nur antizipieren, keiner kann sie vorhersagen, da immer wieder Wild Cards passieren. Wild Cards sind z.B. 9/11 Terroranschläge oder Umweltkatastrophen, Börsencrashes. Diese Dinge sind unpredictable. Aber man kann die Zukunft antizipieren indem man z.B. versucht herauszufinden was geschieht, wenn man 3D Druck, Robotik und Künstliche Intelligenz miteinander verbindet. Und man kann die Zukunft kreieren, das heißt nicht nur passiv darauf zu gucken, sondern diesen Foresight nutzen und die eigene Unternehmensstrategie daran auszurichten.

TF: Was sind derzeit die großen Trends?

Die große Strömung, die wir gerade haben, ist natürlich die 4te industrielle Revolution, im Sinne von Industrie 4.0. Hier gibt es gerade ganz starke Entwicklungen in der Automatisierung, der Robotik, der künstlichen Intelligenz, dem 3D Druck und dem Internet der Dinge. Zusätzlich entstehen immer mehr Innovationen in den Bereichen Biotech und Nanotech.

Wenn wir in die Zukunft sehen, dann gibt es einen Autonomieschwerpunkt. In der Robotik entwickelt sich die Service-Robotik, d.h der Staubsauger der autonom durch Wohnung düst, die Küche, die autonom kocht oder Roboter, die Rasen mähen oder Fenster putzen. Diese Entwicklung ist ungefähr innerhalb der nächsten 10 Jahre zu erwarten.

TF: Welche Rolle spielt das Thema soziale Innovation?

Ein Trend ist nur dann ein Trend, wenn die soziale Akzeptanz stattgefunden hat. Trend heißt in der Definition, dass irgendetwas wächst, z.B. die Peer2Peer Economy. Hinter der Idee Carsharing zu machen, da steckt die soziale Akzeptanz. Vor 20 Jahren hatte Eigentum eine ganz andere Abgrenzung. Die Vorstellung den ‘eigenen Mercedes’ von jemand anderem fahren zu lassen, war in der Gesellschaft nicht verankert. Heute ist das ganz anders, wir machen Sharing über Ebay, selbstverständlich tauschen wir unsere Kinderklamotten und selbstverständlich tauschen wir über airbnb unsere Häuser und lassen fremde Leute darin wohnen. Durch die technologische Möglichkeit und die gesellschaftliche Akzeptanz hat sich in dieser Symbiose ein ganz neuer Markt entwickelt, der Markt des Sharings. Es geht nicht mehr um Ownership sondern um Access. Ich will Mobilität, ich will irgendwo wohnen, ich will bestimmte Produkte kurzfristig haben, in diesen Modellen ist die gesellschaftliche Akzeptanz immer enthalten.

TF: Welche Berufsgruppen werden sich in Zukunft entwickeln?

Ich glaube, dass ständig neue Berufe erfunden werden. Z.B. gab es zwar vor 10 Jahren Trendforscher, die Megatrends prognostiziert haben, aber systematisches über Microtrendforschung in die Zukunft schauen und dieses Wissen Unternehmen zugänglich zu machen, ist sicherlich ein neues Berufsbild. Oder deine Interviewreihe, eine neue Art von Journalismus, hat sich euch erst entwickelt. Neue Berufe werden als Konsequenz der Weiterentwicklung der Wissensgesellschaft, aber auch der ‘Könnensgesellschaft’, der ‘Maker-Scene’, erfunden. Es werden Personen gebraucht, die auch in der Lage sind z.B. einen Roboter zu bauen oder Mock-ups eines Prototypes zu erstellen. Hier entwickeln wir uns wieder in Richtung Manufaktur und Handarbeit auf komplexer Ebene.

TF: Was ist Deine Vision?

Erstens: ‘Live forever’ – ich glaube, dass in den nächsten 50 Jahren so viele medizinische Innovationen entstehen werden, dass wir die Chance haben für immer zu leben. Vielleicht in Form von Gehirntransplantation, nachdem das Gehirn das einzige Organ ist, das nicht altert, sondern sich permanent erneuert. Auch wenn es im Alter etwas langsamer wird, erneuern sich die Zellen von selbst. Man kann sagen, dass das Gehirn ewig lebensfähig sind, wenn man es richtig versorgt.

Zweitens: ‘Solve the Worlds biggest Problems’ – soweit es in meinen Möglichkeiten steht. Meine Möglichkeit ist hauptsächlich Observe. Ich zeige den Menschen, wie die Zukunft aussehen könnte, und befähige sie damit die Welt besser zu machen. Was sie konkret aus den Erkenntnissen machen, liegt natürlich an den Menschen selbst. Ich trage zur Verbesserung der Welt bei indem ich zeige wie sie in Zukunft aussehen könnte.

Mein drittes Ziel ist privater Natur: ‘Making people happy’ – ich möchte Menschen glücklich machen, denn das ist das was zählt.

TF: Welches Buch hat Dich inspiriert?

Yuval Noah Harari, ‘Eine kurze Geschichte der Menscheit’, 2013

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