Dr. Friedrich Völker, Leiter Digital Products, Alfred Kärcher GmbH & Co KG

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Problemlöser Internet der Dinge. Wichtige Organisationsfragen der Hauptkundengruppe Gebäudereiniger von Kärcher werden mittlerweise mit Sensoren an der Geräten und Internetverbindung gelöst. Der Technologiesprung bringt nicht nur besseres Service für Kunden sondern verändert die Firmenstruktur, Produkte und die Revenue Streams. Kärcher, verkaufte früher hauptsächlich Geräte, entwickelt sich zusätzlich zum Verkäufer von Software und IT-Dienstleistungen. Dieser Übergang benötigt nicht nur ein verändertes Mindset der Belegschaft, auch andere Skills der Mitarbeiter sind gefragt.

Warum vernetzen Sie Ihre Produkte?

Friedrich Völker: Eine unsere Hauptkundengruppen sind Gebäudereiniger. Sie haben oft mehrere tausend Angestellte, die teilweise überregional oder international verteilt sind. Fragen wie zum Beispiel: Wo befindet sich meine Maschine genau? Wird sie gerade genutzt? Fangen meine Maschinen pünktlich zu arbeiten an? Gibt es Wartungsbedürfnisse? – sind oft schwer zu beantworten ohne persönlich vor Ort zu sein.

Hier kommt der IoT Ansatz in Spiel?

Friedrich Völker: Wir arbeiten schon länger an Lösungen zur Ortsbestimmung, früher hieß das Telematik, heute nutzen wir zusätzlich die Möglichkeiten des Internet of Things. Wir haben unsere Reinigungsmaschinen, das sind insbesondere Scheuersaugmaschinen und Kehrmaschinen, mit SIM-Karten, GPS – und WIFI – Antennen ausgestattet. Zusätzlich zur Ortsbestimmung werden auch Daten aus dem Steuercomputer der Maschinensteuerung ausgelesen. Dort werden standardmäßig bestimmte Daten kommuniziert und gespeichert, wie z.B. Betriebszeiten und Fehlermeldungen, ähnlich wie beim Auto. Diese Informationen, die sowieso auf der Maschinensteuerung erfasst werden, greift die Telematik-Einheit ab und schickt sie gemeinsam mit den Positionsdaten über das GSM-Netz in die Cloud auf den Server in Irland, wo die Daten abgelegt werden. Über unsere Software Plattform können unsere Kunden nun ihre Maschinen administrieren, ohne vor Ort zu sein. Zeitkritische Informationen können auch auf das Mobiltelefon weitergeleitet werden.

Das heißt, Sie kooperieren auch mit Mobilfunkbetreibern?

Friedrich Völker: Genau, wir arbeiten mit Vodafone zusammen und haben alle Geräte mit einer globalen SIM-Karte ausgestattet, die auf der ganzen Welt funktioniert. Das heißt, beim Kauf einer Reinigungsmaschine ist die Telematikeinheit bereits enthalten.

Die Datenübertragung erfolgt über GSM. WIFI wird nur zur Positionsermittlung als Unterstützung von GPS genutzt. Wenn eine Maschine an einem WLAN-Hotspot oder WLAN-Router vorbeikommt, erkennt das die Maschine und fragt den Namen bzw. die Identifikationsnummer ab. Wir kooperieren hierzu mit Google, da dort fast alle WLAN-Router weltweit in einer Datenbank gespeichert sind. Die WIFI-Ortsbestimmung ist vor allem in Gebäuden interessant, wenn keine Verbindung zu GPS-Satelliten möglich ist.

Zusätzlich können wir auch über GSM-Sender, also über Handymasten, die Position triangulieren. Die Übermittlung der Daten erfolgt über GSM, also über das Handynetz, nicht über WIFI.

Die Administration der Geräte wird online vom Kunden durchgeführt?

Friedrich Völker: Ja, das Modell funktioniert rollenbasiert, d.h. je nach Position im Unternehmen wird auf verschiedene Informationen zugegriffen. Der Hausmeister eines großen Bürogebäudes interessiert sich beispielsweise primär für Standort und Zustand seiner Maschinen, während zum Beispiel der Controller Auswertungen über alle Maschinenauslastungen abfragt.

Das klingt als ob sich Kärcher nun in Richtung Serviceleistungen entwickelt und von der reinen Produktentwicklung entfernt?

Friedrich Völker: Sie habe vollkommen Recht, der Trend geht in Richtung Services. Ich bin eindeutig der Meinung, dass in der Reinigungsindustrie zumindest der Wettbewerb in Zukunft über digitale Services und nicht mehr über Maschinen entschieden wird.Mittlerweile sind Qualitätsmaschinen, die einwandfrei funktionieren, eine Grundvoraussetzung, um am Markt bestehen zu können . Zur Differenzierung benötigen wir, auf unsere Kundenbedürfnisse zugeschnittene, digitale Services. Auf diese Art schaffen wir einen Mehrwert für unsere Kunden, der uns den Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Mittbewerb generiert. Dementsprechend werden in diesem Bereich auch Investitionen getätigt. Meine Abteilung beispielsweise gab es vor einigen Jahren so noch gar nicht. In einer kurzen Zeitspanne haben wir ein Team von zehn Leuten aufgebaut, die sich ausschließlich mit dem Thema Digitalisierung im professionellen Kundenbereich beschäftigen und zwei digitale Produkte an den Markt gebracht hat.

Welche Jobs werden innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre bei einem Unternehmen wie Kärcher benötigt werden, die heute noch keinen Namen haben?

Friedrich Völker: Wir brauchen immer mehr Leute, die nicht mehr in klassische Unternehmensfunktionen einzuordnen sind, sondern die Brücken zwischen den klassischen Funktionsbereichen schlagen. Beispielsweise brauchen wir Leute, die unsere Kunden wirklich gut verstehen, also immer wieder vor Ort beim Kunden sind, um den Reinigungsprozess zu kennen und auch um die unterstützenden Prozesse z.B. die Logistik des Kunden zu erfassen. Aufbauend auf diesem Wissen werden Anforderungen – Business Requirements – geschrieben, die dann von Hardware- und Softwareentwicklern umgesetzt werden.
Das heißt, einerseits muss richtig gut mit dem Kunden kommuniziert werden und kreative Ideen entwickelt werden, andererseits müssen diese Personen aber auch sehr analytisch sein und über ein tiefes Verständnis der relevanten Technologien verfügen.
Weiters benötigen wir vermehrt Personen, die einen ganzheitlichen Überblick über Technologieentwicklung im Bereich ‘Internet of Things’ am Markt haben, sowie Personen, die die organisatorischen Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, umsetzen können. Viele Leute denken, das Thema ‘Internet of Things’ wäre eine rein technologische Herausforderung. Tatsächlich ist es so, dass Technologieentwicklung nur die eine Hälfte der zu lösenden Aufgaben ist. Die andere Hälfte liegt auf der Organisationsseite. Kärcher zum Beispiel verkauft seit 80 Jahren Maschinen und jetzt wollen wir auf einmal ein Softwarelösung verkaufen. Das verändert die gesamte Vertriebsabteilung in 60 Ländern. Software zu verkaufen, ist etwas völlig anderes als Maschinen zu verkaufen. Hier gibt es kontinuierliche Umsatzströme für verschiedene Lizenzen für unterschiedliche Versionen von Software. Diese Umstellungen muss man unternehmensintern regeln. Das geht nicht von heute auf morgen, da gibt es einiges zu tun.

About: 
Dr. Friedrich Völker leitet seit Oktober 2015 das Kompetenzzentrum “Digital Products” bei der Alfred Kärcher GmbH & Co KG in Winnenden. Er verantwortet mit seinem Team alle  IoT-Lösungen im B2B Bereich. Bei Kärcher stieg Dr. Völker Anfang 2013 als Assistent des Vorsitzenden der Geschäftsführung ein, nachdem er seine Promotion über strategische CSR-Investitionen bei Familienunternehmen an der Universität Stuttgart abgeschlossen hatte. Zuvor hat er in Deutschland an der European Business School und den USA an der Pepperdine University Betriebswirtschaflehre mit Fokus auf Wirtschaftsrecht und Familienunternehmen studiert.

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