Othmar Schuster/Kosmopolit

9–5-Job ? Den hatte ich eigentlich nie, außer in meinen ersten 2 jungen Berufsjahren. Mein Arbeitsumfeld war immer von internationaler Zusammenarbeit und Projekten geprägt. Und das brachte automatisch mit sich, dass sich die Arbeitszeiten entweder nach Terminen und/oder nach Zeitzonen richteten. Und damit die Notwendigkeit von Mobilität und Flexibilität mit sich brachte, in der ein festes Büro kein Zentrum mehr darstellen musste.

Und es ist auch nicht wirklich notwendig, ich kann überall arbeiten. Und flexibles Arbeit ist kein Negativum per se. Die Grenzen zwischen Arbeitstagen und Freizeit verschwimmen zwar. Das Endresultat war aber ein positives, da ich meine Arbeitszeit nach Effizienz einteilen kann. Die Tageszeit der Arbeit wird zu einem Begleitfaktor, nicht mehr zum bestimmenden.
Dieser Prozess hat aber auch bei mir ein paar Jahre gedauert, um hier die richtige Balance zu finden.

Eine Begleiterkenntnis, die sich aus daraus ergab:

40 Stunden in einem Büro entsprechen in etwa 30 Stunden, wie ich jetzt arbeite.
Keine Einschätzung, das habe ich gemessen. Ich arbeite wesentlich effizienter.
Und ich behaupte mal diese Gleichung kann nach einer Übergangsphase für jeden aufgehen.

Die Working Trends verschieben sich generell. Tele-Working ist aus seinen Kinderschuhen geschlüpft, auch wenn das immer noch mit dem Schlagwort Überwachung verbunden wird, und manchmal übersehen wird, dass eine Arbeitsform, die nicht in einem fixen Büro passiert, auch eine gehörige Portion Selbstdisziplin erfordert.
Nicht jede Kontrolle kommt aus der Orwell’schen Vision, da gehe ich mit der teilweisen Medienparanoia nicht konform.

Ich denke, dass sich die größte Arbeitsveränderung im Bereich einer noch größeren Flexibilität der Arbeitszeiten und –orte zeigen wird, und sich das Berufsleben weg von All-Inclusive Verträgen bewegen wird, die von Arbeitnehmerseite motiviert sind, um Bedarfsspitzen abzusichern, hin zu Effizienzverträgen. In Projekt- oder Vertriebsspitzen wird man sich nicht daran stören, wenn hier Wochen mit 50 oder 60 Wochenstunden auftreten, wenn dafür ein Offset passiert, der das auch ausgleichen kann.
Ich sehe hier kein Problem, dann nachfolgende 30-Stunden Wochen zu erlauben. Flexibilität, wann und wie viel ich arbeite, muss auch ohne ein rigides Zeitausgleichssystem möglich sein, damit eine Work-Life-Balance ausgeglichen sein kann.

Es hat aber schon viel mit Selbstdisziplin zu tun. Der Übergang von einem „Standard“-Job in ein freieres Arbeiten erfordert Selbstbeobachtung und eine Eigenbewertung seiner Arbeit, um sich nicht zu verbrennen. Die Möglichkeiten auf der anderen Seite sind enorm.

Ab einer gewissen Arbeitsreife, seitens der Aufgabe und des Menschen, wird die Möglichkeit einer freien Einteilung, wie und wann ich meine Arbeit durchführe, dazu führen, dass der effektive Ressourceneinsatz geringer wird.

Wenn jemand für einen bestimmten Task 2 Stunden benötigt, ein anderer 8 – und  ich hier unterstelle, dass beide nicht generell ineffizient sind – dann möchte ich den ersten nicht damit bestrafen, dass er die 6 Stunden nun gewonnen hat, um andere Arbeit zu machen. Sondern es ihm freistellen. Ich sehe hier keine Ressourcenverschwendung, selbst im kapitalistisch geprägten Unternehmen nicht.

Die Arbeitswelt wird sukzessive leistungsorientierter werden, noch viel mehr als jetzt und auf jeden Fall im privaten non-corporate Berufsfeld. Wir werden auch eine Verschiebung sehen, dass ein leistungsorientiertes Arbeiten nicht automatisch mit dem Etikett Ausbeutung geprägt wird.

Persönlich könnte ich mir eine völlige Vernichtung einer Organisationsmatrix in einem Unternehmen vorstellen, mal außen vorgelassen die Notwendigkeit von Positionen die gesellschaftsrechtlich oder vertragsrechtlich notwendig sind.
Rein soziologisch halte ich es aber nicht für durchführbar, da der Mensch doch nach abgrenzten Tätigkeitsfeldern trachtet, und eine Ent-Hierarchisierung zwar Reize hat, aber von jedem einzelnen auch viel verlangt. Das ist kein Gesellschaftswandel, der einfach passiert. Eine Hierarchie ist auch ein Sicherheitsnetz, dass eine Entscheidung, die man selbst nicht treffen kann oder will, über eine Organisationsstruktur delegiert werden kann.

Man kann aber auch den anderen Weg gehen, das Sicherheitsnetz mit einem Arbeitsnetz zu ersetzen und in diesem vernetzten Arbeiten die Fragezeichen auflösen, die man hat, um eine Aufgabe, einen Task zu vollbringen. Und ob das am Samstag auf der Couch oder Dienstag vormittag in einem Büro passiert, ist eine Randfrage.

Arbeit als Kombination von Projekten und Aufgaben zu sehen und nicht als eine Summe von Handlungsanweisungen sehe ich schon rein ökonomisch als notwendig.

Die wichtigste Arbeitseigenschaft der Zukunft sehe ich darin, zu wissen, dass jedes Wissen, das man nicht selbst hat, sehr rasch erworben werden kann.

Nichtwissen heißt nicht, nicht entscheiden zu können.

Echte Kompetenz beginnt damit, nicht vorzutäuschen, alles wissen zu müssen.

Sorry for the philosophy 🙂