Mag. Alexandra Moser / Business-Leiterin Microsoft Office Division
TF: Wie hat sich das Arbeitsleben verändert, seit Sie angefangen haben zu arbeiten?
Am Anfang meines Arbeitslebens war `Jobhopping` – viele Firmen- und Jobwechsel innerhalb von wenigen Jahren – ein wichtiges Thema um Neues kennenzulernen. Mittlerweile ist es so, dass die Art des Arbeitens von so vielen Veränderungen betroffen ist, dass man einen Job sehr lange machen kann und trotzdem auf viele neue Themen trifft.
Im Laufe meines Berufslebens hat die Anzahl der Veränderungen stark zugenommen. Zusätzlich ist die Taktrate dafür immer schneller geworden.
Die Kommunikationsmittel haben sich ebenfalls schnell verändert. In meinem ersten Job haben wir noch E-Mails ausgedruckt und in andere Länder verschickt – das ist eine Form der Kommunikation, die heute völlig absurd ist. Mittlerweile stellt sich uns die Frage: „Wann synchronisiere ich nicht mehr, bzw. wann bin ich nicht mehr online?“.
TF: Was sind die größten Veränderungen, die innerhalb der nächsten 10 Jahre für unser Arbeitsleben von Bedeutung sein können?
Es sind zwei grosse Veränderungen, die ich sehe:
Einerseits die Veränderung der Art des Arbeitens durch die technischen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen. Ganz konkret haben wir eine interne Studie in Zusammenarbeit mit der IMC Fachhochschule Krems durchgeführt und konnten feststellen, dass sich die Kommunikationskanäle verlagern.
Email wird immer weniger verwendet. Grund dafür ist, dass es sich um eine Einweg-Kommunikation handelt. Man weiss nicht, zu welchem Zeitpunkt man die Antwort erhält.
Daher setzt sich ‚Instant Messaging’ immer mehr durch. Wir sehen das auch sehr deutlich an unserem Lync-Tool, das die Verfügbarkeit anzeigt und mit dem Kalender synchronisiert wird. So kann ich sofort die Antwort zu einer dringenden Frage bekommen. Über Mitarbeiter Feedback wurde erhoben, dass Lync an erster Stelle der benutzen Kommunikationskanäle steht. Dann, weit abgeschlagen, Email und an dritter Stelle, noch weiter abgeschlagen, das Mobiltelefon bzw. Telefonie.
Ein weiterer Trend, der absehbar ist, ist die Verwendung von sozialen Netzwerken im Firmenkundenbereich. Wir haben sowohl intern als auch extern sehr viel gutes Feedback zu unserem Produkt Yammer bekommen. Wir haben mit Yammer ein Social Network Tool für Unternehmen entwickelt, das, im Gegensatz zu Facebook, dem Administrator erlaubt, Rechte so zu vergeben, dass die firmeninternen Inhalte geschützt und alle Sicherheitsvorgaben eingehalten werden. So kann der unternehmensinterne, weltweite Wissensaustausch schneller und umfassender umgesetz werden.
Die zweite grosse Veränderung, die ich sehe, ist der Umgang mit den veränderten Arbeitsbedingungen, die durch die Digitalisierung hervorgerufen werden. Bei Wissensarbeitern wird sich die Tendenz dahingehend verstärken, dass sich die Flexibilität nicht mehr nur auf die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten des Jobs bezieht. Flexible Arbeitsmodelle und projektorientiertes Arbeiten werden gelebt werden.
Aber, und das ist mit Sicherheit ein HR und Führungsthema, dazu muss die Angst vor den Konsequenzen verschwinden. Momentan ist es noch immer so, dass die allgemeine Denke sich nach Anwesenheit und der Bereitschaft die Extrameile zu machen richtet, um die Qualität der Arbeit zu messen.
Mitarbeiter haben Angst davor was geschehen könnte, wenn sie z.B. 3 Monate Pause machen, viele Interessen haben und sich weiterbilden. Obwohl diese Art des Arbeitens sicher zu höherer Qualität und mehr Effizienz beiträgt. Unternehmen andererseits haben die Angst: „Was ist, wenn ich all diese Freiheiten wirklich gebe?“
Das „Work-Life-Balance“ Thema wird bei uns auch aktiv in Angriff genommen, um sowohl die Mitarbeiter als auch die Manager hier bei der Umsetzung und Umdenke zu unterstützen.
TF: Was sind die größten Chancen, die Sie in dieser veränderten Arbeitswelt für uns alle sehen?
Ich glaube, der große Benefit ist, dass Ideen austauschen und neue Ideen generieren leichter wird und dass man es früher schafft, die anderen ins Boot zu holen. Über die sozialen Netzwerke geht der Ideenfindungprozess in Richtung Open Innovation. Man kann schon im Prozess des Entstehens die Inputs der anderen abholen und viel offener und frühzeitiger über Themen und Fragen diskutieren.
Zusätzlich läuft durch die Nutzung der neuen Tools der Informationsfluss schneller und man kann innerhalb kürzester Zeit auch Input vom ‚anderen Ende der Welt’ einholen.
TF: Was sehen Sie als die größte Herausforderung, die sich durch die veränderte Arbeitswelt für uns bietet?
Grenzen setzen. Das jeder für sich die Grenze gut ziehen kann und sich Pausen und den Fokus auf das Privatleben, trotz der Möglichkeit rund um die Uhr zu arbeiten, erlaubt.
TF: Haben Sie eine Vision?
Wenn auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite jeder für sich sagen kann: „Ich habe mein Modell gefunden“.
Da haben wir, glaube ich, noch ein bisschen zu tun. Das ist kein Vorwurf an eine Seite, aber ich denke, da straucheln wir noch mit vielen Verträgen oder Regelungen oder auch Einstellungen und Ängsten. Aber das ist eigentlich normal. Ich finde, wir haben schon viele Schritte gemacht, aber man muss auch noch einige gehen.