TF: Wie ist Caritas Services GmbH entstanden?

Die Caritas engagiert sich schon seit längerem in diesem Bereich. Projekte wie das Restaurant Inigo oder CARLA verfolgen bereits einen ähnlichen Ansatz. Bisher wurden allerdings geförderte Projekte umgesetzt, deren Aufgabe es war, ein soziales Ziel zu verfolgen. Aufbauend auf diesen Erfahrungen wurde 2010 Caritas Services Gmbh gegründet. Wir haben die Vorgabe einen sozialen Nutzen zu stiften, aber selbst wirtschaftlich tragend zu sein.

TF: Welche Projekte werden von Euch betreut?

Wir bedienen 6 Bereiche. Wir sind dabei bestehende Projekte umzuwandeln, wie z.B Facility Management und die Verpflegung der Seniorenheime. In unseren Bereich fällt auch die Ö3 Wundertüte, die mein Kollege und Co-Geschäftsführer Michael Kleinbichler aufgebaut hat. Zusätzlich arbeiten wir an der Eröffnung unseres Restaurants in der Anker Brot Fabrik, das langzeitarbeitslose Menschen auf die Rückkehr in den Arbeitsmarkt vorbereitet. Ein weiteres Projekt ist das Hotel Vision, mit dem wir Gästen ein smarte, urbane und multikulturelle Alternative zum klassischen Hotelkonzept bieten. Das Hotel wird mit Flüchtingen verschiedener Nationalitäten betrieben und bietet diesen eine Chance zum Eintritt in den österreichischen Arbeitsmarkt. Das Hotel wird Anfang 2015 eröffnet.
In weiteres Projekt, das sich noch in der Planungsphase befindet, ist die Textilproduktion “Street Fair Factory”, die wir österreichweit etablieren werden.

TF: Welche Personen beschäftigt ihr bei euren Projekten?

 Unsere Zielvorgabe ist es, über alle Geschäftsfelder hinweg, jeweils 35% benachteiligte Arbeitnehmer in den Teams zu beschäftigen.
Es gibt 3 verschiedene Personengruppen mit unterschiedlichen Anforderungen, die wir integrieren wollen.
Bei Menschen mit Behinderung hat ein Umdenken stattgefunden, sie wurden früher meistens in geschützen Werkstätten untergebracht. Mittlerweile adapiert man den Arbeitsplatz auf die Bedürfnisse der Personen und kann dadurch eine Arbeitsleistung von 100% gewinnen.

Im Bereich der Flüchtlingsintegration kommen die Leute nach Europa und bringen Talente und eine starke Motivation mit. Das oft niedrigere Ausbildungsniveau wird durch eben diese Motivation ausgeglichen. Ihr Hauptproblem ist, dass sie oft 3 Jahre in Flüchtlingslager einquartiert werden, nicht an den Arbeitsmarkt dürfen, Selbstvertrauen verlieren und an den damit verbundenen Folgen leiden.
Bei diesen beiden Menschengruppen ist es einfacher, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Hier liegt die Herausforderung darin, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Wir wollen aber auch Langzeitarbeitslose beschäftigen. Die richtigen Personen zu finden, ist hier schwieriger, weil sie oft von multidimensionalen Problemstellungen betroffen sind, z.B. Alkoholismus, Schulden, zerrüttete Familien, usw.. Die Leute haben es nach 6 Monaten oft gerade geschafft den Alltag zu bewältigen und Tagesstrukturen einzuhalten, sind aber meist noch nicht soweit tatsächlich in der Arbeitsmarkt einzusteigen.

TF: Wie erfolgt das Recruiting der Teammitglieder?

Caritas Social Business hat keine Beschäftigungsprojekte und sieht sich daher als 1. Arbeitsmarkt.

Wir rekrutieren die Personen nach ihren Fähigkeiten und Potentialen. Wir haben einen Kriterienkatalog für benachteiligte Arbeitnehmer: Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderung, Flüchtlinge, MigrantInnen, Exhäftlinge und Freigänger; Personen, die nach 6 Monaten am Arbeitsmarkt nicht Fuss fassen konnten, zählen bei uns ebenfalls zu den benachteiligten Arbeitnehmern.
Wir greifen auf Organisationsbereiche der Caritas zurück oder arbeiten mit anderen Organisationen, wie z.B. der Flüchtlingshilfe oder Einrichtungen, die mit behinderten Menschen oder mit Häftlingen und Ex-häftlingen arbeiten, zusammen.

Wir beschäftigen ebenfalls Personen, die bereits in Caritas Einrichtungen gearbeitet haben und nach 6 Monaten direkt am Arbeitsmarkt keinen Platz finden.

TF: Ist es möglich mittels Social Entrepreneurship gesellschaftliche Veränderungen hervorzurufen?

Ich denke, daß es ein Trend ist, der zu einer besseren Gesellschaft beiträgt. Ich glaube auch, daß diese Entwicklung in den nächsten 10 Jahren trotzdem eine Nische bleibt, da der Umsetzungsfokus sich auf Westeuropa und USA beschränkt. Wie stark die Entwicklung tatsächlich fortschreiten wird, ist schwer zu sagen. Die Idee Social Business funktioniert für gewisse Geschäftsmodelle, gewisse Bereiche und Branchen. Man trifft auf Konsumenten, die Produkte kaufen, weil sie in Österreich hergestellt wurden, nachhaltig sind und dahinter auch ein sozialer Gedanke steht. Aber diese Konsumentengruppe ist immer noch relativ klein. Ich denke nicht, daß Social Business die Lösung für alle gesellschaftlichen Probleme sein kann. Ich glaube, daß es nach wie vor staatliche Aufgaben geben soll, die auch vom Staat wahrgenommen werden müssen. Ich finde die verstärkte Awareness und die vielen Initiativen in diesem Bereich sehr positiv und ich denke, daß ein Ineinandergreifen von privatem Sektor und Staat die größten Erfolge bringen wird.

www.caritas.at