Anne M. Schüller,
Managementdenker, Business Coach und Bestsellerautorin

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Wer an längst überholten Machthierarchien und Silostrukturen festhält, wird in zehn Jahren vom Markt verschwunden sein, sagt Anne M. Schüller, Business Coach und Autorin. Permanente Vorläufigkeit wird zur neuen Norm, ebenso wie loszustarten ohne den Weg genau zu kennen. Um diese Herausforderungen zu erfüllen bedarf es Dezentralisierung, Selbstorganisation sowie Customer Centricity als Erfolgstreiber.

Im Sinne des Taskfarm Konzepts wurde Anne M. Schüller von Helmut Blocher, Geschäftsführer Succus Gmbh, auf das Interview eingeladen.

Wie werden erfolgreiche Unternehmen in 10 Jahren organisiert sein? – Was funktioniert, was ist veraltet?

Das Zeitalter permanenter Disruptionen steht an. Bahnbrechenden Innovationen kommen nun sprunghaft, am laufenden Band und wie aus dem Nichts. Um damit Schritt halten zu können, ist eine Transformation der organisationalen Strukturen elementar. Die Behäbigkeit der immer noch üblichen pyramidalen Systeme ist dem Tempo unserer Hochgeschwindigkeitszukunft nicht gewachsen. Wer an längst überholten Machthierarchien und Silostrukturen festhält, wird in zehn Jahren vom Markt verschwunden sein. Das in klassischen Corporates übliche Steuern und Regeln ist gebunden an Stabilität und die Vorhersagbarkeit zukünftiger Entwicklungen. Doch Vorhersagbarkeit gibt es in Zukunft nicht mehr. Nichts ist mehr auf Jahre hinaus planbar. Permanente Vorläufigkeit ist die neue Norm. Von nun an wird man sich aufmachen müssen, ohne den genauen Weg schon zu kennen. Zirkuläre, sich selbst organisierende Einheiten sind für dieses Szenario wesentlich besser geeignet. Wer also die Zukunft erreichen will, für den muss es schon jetzt eine der wichtigsten Aufgaben sein, Dezentralisierung und Selbstorganisation unternehmensweit zu fördern.

Was sind die größten Herausforderungen, denen sich Unternehmen stellen müssen?

Heute erreichen Unternehmen eine Vorrangstellung nicht länger durch das, was sie tun, sondern darüber, wie der Kunde dies wahrnimmt – und was er Dritten dazu erzählt. Der Kunde ist der wichtigste Mensch im Unternehmen. Kauft er, dann wird es leben. Kauft er nicht, wird es sterben. Doch klassische Organisationen haben ihn nicht mal im Organigramm. Selbst bei Firmen, die sich Kundenorientierung groß auf die Fahne schreiben, fehlen die Kunden im Schaubild der Organisation. Wie will man da von Customer Centricity reden? Sie wird zwar gelobt, aber nicht gelebt. Die meisten Unternehmen agieren selbstbezogen und effizienzgetrieben. Tunlichst sollen sich die Kunden in die von den Anbietern vorgedachten Abläufe fügen, umständliche Formalien akzeptieren und im Takt ihrer altersschwachen Software ticken. Im Gegensatz zu herkömmlichen Managern, die vor allem an die Konkurrenz, ihre Quartalsziele und die Kosten denken, hat hingegen die Elite der Jungunternehmer längst verstanden, dass sich alles um die Gunst der Kunden dreht. Mit solcher Denke liegt man in Zukunft vorn.

Gibt es Hacks, die du Mitarbeitern nennen möchtest, die in einer rigiden Organisation Veränderungen durchführen wollen?

Es gibt eine Menge Hacks, mit Hilfe derer man schnelle Erfolge erzielt. Doch auf Dauer bringen sie wenig, wenn der strategische Rahmen nicht stimmt. Zunächst sollte man also gemeinsam mit dem Management die derzeitigen Machtstrukturen, Mindsets und damit verbundenen Vorgehensweisen auf den Prüfstand stellen. Ich weiß, das ist schwer. Niemand gibt seine Pfründe gern her und sägt am Ast, auf dem er sitzt. „Elefant im Raum“ ist ein guter Hack, um das dennoch in Angriff zu nehmen. Warum Elefant? Weil es um etwas wirklich Großes geht: Ein offensichtliches Problem, das zwar im Raum steht, aber dennoch offiziell nicht angesprochen wird. Zum Beispiel könnte mutig und frech das gerade angesprochene pyramidale Topdown-Organigramm den “Elefant im Raum” illustrieren, um endlich eine längst überfällige Diskussion loszutreten.

Welche Jobs werden wir in Zukunft benötigen, die heute noch keinen Namen haben?

Viele neue Berufsbilder werden rund um die Digitalisierung entstehen. Vor allem aber werden auch Jobs gebraucht, die die Unternehmen quer miteinander vernetzen. Solche Rollen nenne ich Brückenbauer. Sie werden installiert, um die crossfunktionale Zusammenarbeit zu unterstützen, Synergien zu entwickeln und Ineffizienzen zu eliminieren. Auch technologisch gesehen ist eine übergreifende Zusammenarbeit unerlässlich. Hierfür werden Menschen gebraucht, die Separiertes zusammenführen und Wege ins Neuland ebnen. Menschliche und künstliche Intelligenzen müssen sinnvoll miteinander verbunden und Partnerschaften zwischen Alt- und Jungunternehmen zusammengekoppelt werden. Erst dann, wenn Wissen und Können sich im ganzen Unternehmen miteinander verbinden, kann dies zu erstaunlichen Fortschritten führen.

www.anneschueller.de

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About:

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk XING zum XING-Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr aktuelles Buch „Die Orbit-Organisation“ wurde Finalist beim International Book Award 2019. Zudem wurde sie mit dem Best Business Book Award 2019 ausgezeichnet. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager sowie zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.