Helmut Blocher, Gründer, Geschäftsführer Succus Wirtschaftsforen

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Der starke Fokus auf Technologie und digitale Elemente der letzten Jahre wird sich verändern und in den Hintergrund treten, Shy Tech und effortless Interfaces werden uns fast unmerklich begleiten. Der Mensch, die Frage nach dem Sinn, den wahren Werten und menschliche Eigenschaften wie Kreativität, Verantwortung, Empathie, Einfühlungsvermögen, und soziale Kompetenzen treten wieder in den Vordergrund, sagt Helmut Blocher, Gründer von Succus Wirtschaftsforen. 

Wie bist du zum Thema Innovation gekommen?

Helmut Blocher: Als ich vor ziemlich genau 10 Jahren die Pläne für SUCCUS | Wirtschaftsforen schmiedete, war mir schnell klar, dass es im Kern um Innovation gehen sollte. Mein Eindruck war damals, dass die Konferenzen und B2B-Events rund um Innovation, jedenfalls, die, die ich besucht hatte, relativ oberflächlich und eigentlich auch langweilig waren. Das sollte anders werden. Doch zunächst wollte ich mich inspirieren lassen. Ich war einige Monate in Japan, in Brasilien, in der Schweiz und am MIT unterwegs. Parallel gingen die Vorbereitungen los. Die ersten beiden Events waren das German CRM Forum in München und das Austrian Innovation Forum in Wien. Mir war bewusst, dass wir den spannenderen Events mehr in Unternehmen und damit auch mehr mit und für SUCCUS erreichen würden. So legten wir etwa bei CRM Forum von Anfang den Fokus nicht auf Software Lösungen und Projekte, sondern auf Kundenstrategie, Customer Experience, Organisation, Führung, Motivation und Mindset. Beim Austrian Innovation Forum wiederum wollten wir uns weniger mit den damals gängigen Methoden des Innovationsmanagement befassen, sondern einen unternehmerischen, frischeren Zugang anbieten. Wir haben uns auch von dem zu dieser Zeit allgegenwärtigen „Best Practice-Gedanken“ verabschiedet. Unser Zugang war: „Praxis pur und ungeschminkt“. Wir wollten nicht die heile Welt der idealen Projekte zeigen, sondern wie es in den Unternehmen wirklich ist. Also auch wo die aktuellen Herausforderungen liegen, wo mal etwas schief gegangen ist oder wo man erst auf Umwegen zum Erfolg kam.

Im Laufe der Jahre kamen neue Themen und Formate dazu, wir veranstalten inzwischen in Österreich, Deutschland und der Schweiz Events; unserem Kern sind wir treu geblieben: Es geht immer um Innovation.

Welcher Bereiche werden sich in den nächsten Jahren am meisten verändern?

Helmut Blocher: Das Thema Klimaschutz ist nun allgegenwärtig. Unternehmen und Konsumenten werden sich zunehmend Fragen der Nachhaltigkeit stellen. Manche Wissenschaftler sagen, es wäre bereits nach 12.00 Uhr. Ich glaube hingegen an die Fähigkeit der Menschen, in letzter Minute das Ruder herumzureißen. Wir werden einfangen, was wir seit Bretton-Woods und spätestens seit den 70iger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts losgetreten haben: Nämlich eine hemmungslose Finanz- und Erdölparty. Das wird eine Veränderung des Konsumverhalten bringen, anders gesagt, es wird nicht ohne Verzicht gehen. Das muss aber keine Verschlechterung der Lebensqualität bedeuten. Konsum ist nicht alles, wir wollen ein erfülltes, sinnvolles Leben. Vieles auf dieser Welt ist noch nie so gut gewesen wie heute. Forschergeist, Erfindertum, Intuition und der Mut Ideen auch anzugehen, haben die meisten Lebensbereiche zum Positiven verändert. 
Dem gegenüber stehen nun gewaltige Herausforderungen wie das Eindämmen des Klimawandels, die Schonung natürlicher Ressourcen, das Verzögern der Abnahme der Biodiversität, das Vermindern von Ungleichheiten, die Neugestaltung eines außer Rand und Band geratenen und extrem aufgeblasenen Finanzsystems. In der Bewältigung dieser Herausforderungen stecken gleichzeitig unendlich viele Chancen, ein riesiges Potenzial. Ja, von manchen liebgewordenen Gewohnheiten, und ja, sogar von ganzen Industrien werden wir uns verabschieden. Ich glaube jedoch fest an die große, gestaltende Macht, die nachhaltig konsumierende Menschen und ethisch denkende Unternehmen gemeinsam entfalten werden. 

Und Eventformate – wie könnten die in 10 Jahren aussehen? 

Helmut Blocher: Wir haben in den letzten Jahren einen starken Fokus auf Technologie und digitale Elemente gesehen. Das wird sich verändern. Wir sprechen von Shy Tech und effortless Interfaces. Das wird ganz besonders auch den Events dienen. Der persönliche Austausch, das lebendige, gemeinsame Erleben tritt wieder ganz in den Vordergrund. Bei Technologie wird weniger mehr sein. Sie wird da sein, wird uns großartig unterstützen, jedoch nicht mehr  im Fokus sein. Es gibt Studien darüber, warum ein klassischer Powerpoint Vortrag niemals Begeisterung erzeugen wird. Wir wollen Emotionen sehen, den Willen und die Überzeugung derer, die auf der Bühne stehen, hautnah spüren. Und wir wollen das persönliche Gespräch, gerade in Zeiten, in denen Information allgegenwärtig zur Verfügung steht, ist der Succus, ist die Quintessenz von Einschätzungen und Erfahrungen anderer unverzichtbar. Live-Events wird es daher immer geben.

Welche Berufe wird man in Zukunft benötigen, die heute noch keinen Namen haben?

Helmut Blocher: Alle reden von MINT (also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und ja, die Wirtschaft hat aktuell einen großen Bedarf an Berufsbildern in diesem Umfeld. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Gerade durch die Digitalisierung und immer komplexeren Möglichkeiten der Informationsverarbeitung werden menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten wie Kreativität, Verantwortung, Empathie, Einfühlungsvermögen, soziale Kompetenzen zunehmend gefragt sein. Im Gegensatz von Vielem, was derzeit über künstliche Intelligenz verbreitet wird, glaub ich weder an eine bevorstehende Singularität noch, dass Maschinen in 20 oder 30 Jahren intelligenter sein werden als Menschen und auch nicht daran, dass sie in absehbarer Zeit zu echten Gefühlen oder einer Art Bewusstsein fähig sein werden. In klar umrissenen Bereichen sind uns Maschinen natürlich längst überlegen. Etwa wenn es darum geht, anhand riesiger Datenmengen Antworten auf Fragen zu finden, die noch nie gestellt wurden. Frag den Computer, der gerade Go-Weltmeister wurde, aber mal, was er sieht, wenn er aus dem Fenster blickt. Wir sprechen von „Weak AI“, also von sehr eng umrissenen Aufgabenstellungen, die Maschinen auf, ja, nahezu wundersame Weise, erledigen können. Deshalb finde ich den Begriff künstliche Intelligenz auch so verwirrend. Um über Intelligenz zu sprechen, müsste man diese nämlich zunächst definieren. Sind es mathematische Fähigkeiten, wie etwa Algorithmisches Problemlösen, die damit gemeint sind oder auch Intuition, Empathie Fähigkeit, Verantwortungsgefühl, Reflexionsmöglichkeit etc. Es ist begründbar anzunehmen, dass das, was wir heute unter „Coding“ verstehen, die Maschinen sehr wohl selbst erledigen werden können, aber etwa eine Kindergartengruppe in den Wald zu führen und dort zu beaufsichtigen noch sehr, sehr lange nicht. Wir müssen also gedanklich unterscheiden zwischen dem, was AI künftig wahrscheinlich erledigen wird und dem, was uns Menschen vorbehalten bleibt.  Was letzteres betrifft, ist darüber dringend ein gesellschaftlicher Diskurs zu führen. Denn anders als noch für 50 Jahren wissen wir heute definitiv, dass nicht alles was machbar ist, auch gemacht werden sollte.

succus.at

About:
Helmut Blocher ist Initiator des Austrian Innovation Forum sowie Gründer und Geschäftsführer von SUCCUS | Wirtschaftsforen. Das Unternehmen entwickelt und organisiert führende Konferenzformate rund um Innovation in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.